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Kamala Harris setzt sich durch

Die Vizepräsidentin gilt nach Bidens Rückzug de facto als Kandidatin der Demokraten. Trump bleibt Favorit, verliert aber zunächst das Momentum.
Kamala Harris bei einer Wahlkampfkundgebung in Wisconsin
Foto: IMAGO/Dominic Gwinn (www.imago-images.de) | Trump gegen Harris – so wird das Duell im November aller Voraussicht nach lauten. Denn der 59-Jährigen gelang es, innerhalb von nur 48 Stunden eine überwältigende Mehrheit der Delegierten der Demokraten hinter sich ...

Sie kenne Typen wie Donald Trump, erklärte Kamala Harris am Dienstag bei ihrer ersten großen Wahlkampfkundgebung im Bundesstaat Wisconsin. Als Staatsanwältin und Justizministerin von Kalifornien habe sie es schließlich schon mit Betrügern, Regelbrechern, ja Tätern aller Art aufgenommen. Mit Stolz werde sie daher ihre Leistungen denen Trumps gegenüberstellen, so die amtierende Vizepräsidentin vor jubelnden Anhängern in dem wichtigen Swing State, wo die Präsidentschaftswahl mitentschieden werden könnte.

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Trump gegen Harris – so wird das Duell im November aller Voraussicht nach lauten. Denn der 59-Jährigen gelang es, innerhalb von nur 48 Stunden eine überwältigende Mehrheit der Delegierten der Demokraten hinter sich zu versammeln, zudem unterstützen sie alle demokratischen Gouverneure, 96 Prozent der Senatoren und 92 Prozent der Kongressabgeordneten. Damit ist Harris de facto die Kandidatin der Präsidentenpartei. Bislang konnte sie bereits mehr als 100 Millionen US-Dollar an Spenden einwerben. Schon in zwei Wochen soll sie im Rahmen einer digitalen Abstimmung von den Delegierten gewählt werden – ehe sie beim Parteitag, der am 19. August beginnt, offiziell zur Präsidentschaftskandidatin gekürt wird.

Beispiellose Pointen und Wendungen im Wahlkampf

Die Pointen und Wendungen, mit denen der US-Wahlkampf derzeit aufwartet, sind nahezu beispiellos. Noch nie hat eine der beiden Parteien ihren Kandidaten so kurz vor dem Wahltag ausgetauscht. Doch die Entscheidung des US-Präsidenten Joe Biden, sich dem parteiinternen Druck zu beugen und doch nicht zur Wiederwahl anzutreten, machte dies erforderlich. Über den Kurzmitteilungsdienst „X“ veröffentlichte Biden, der seit längerer Zeit wegen seiner nachlassenden körperlichen und geistigen Verfassung in der Kritik stand, eine in Covid-Isolation verfasste Erklärung, in der er schrieb, es sei „im besten Interesse meiner Partei und des Landes“, seine Bewerbung zurückzuziehen und sich für den Rest seiner Amtsperiode ausschließlich auf seine Pflichten als Präsident zu konzentrieren. Am Mittwochabend (Ortszeit Washington) wird sich der 81-Jährige dann noch mit einer Ansprache aus dem Oval Office an das Volk wenden.

Für die Demokraten gilt es nun, bis zum Parteitag einen designierten Vizepräsidenten auszusuchen, der mit Harris ins Rennen geht. Viele der Gouverneure, die zuvor selbst als mögliche Präsidentschaftsbewerber gehandelt wurden, kommen in Frage. Die aussichtsreichsten unter ihnen: Josh Shapiro aus Pennsylvania, Mark Kelly aus Arizona, Andy Beshear aus Kentucky oder Gretchen Whitmer aus Michigan. Gleichzeitig muss Kamala Harris in nur 100 Tagen nachholen, wozu einem Kandidaten sonst ein Jahr Zeit bleibt: durch das Land touren, sich beim Wahlvolk bekanntmachen, ein eigenes Programm und Profil entwickeln. Insbesondere letzteres, so werfen Kritiker ihr vor, habe sie während ihrer dreieinhalb Jahre im Weißen Haus versäumt.

Die Republikaner blasen zum Angriff

Die Republikaner blasen indes bereits zum Angriff: Republikanische Anwälte bereiten derzeit Klagen vor, da Harris ihrer Ansicht nach nicht einfach über die für Biden eingeworbenen Spenden verfügen könne. Dabei handelt es sich immerhin um eine hohe zweistellige Millionensumme. Trump selbst, der seine Gegner gerne mit wenig schmeichelhaften Spitznamen versieht, spricht schon von der „lügenden Kamala Harris“. Der Grund: Sie habe von Bidens Zustand gewusst, das Volk jedoch nicht darüber informiert.

Auch wenn Trump weiter als klarer Favorit gilt, haben die Republikaner angesichts der Entwicklungen bei den Demokraten zumindest das mediale Momentum ein wenig verloren. Hinzu kommt: Amerikanische Wähler sind es inzwischen gewohnt, sich nur zwischen zwei älteren, wohlhabenden und altbekannten Kandidaten entscheiden zu können, die beide auf wenig Sympathie stoßen. 2016 lautete das Duell Trump gegen Clinton. Vier Jahre später Trump gegen Biden. 2024 – und das ist bis dato die größte Konsequenz, die Bidens Rückzug mit sich bringt – haben sie wieder eine echte Alternative.  

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