Der Hunger treibt sie auf die Straße. Zehn Tage lang finden in Nigeria Demonstrationen gegen die hohen Lebenshaltungskosten und die Arbeitslosigkeit statt, unter denen ein großer Teil der Bevölkerung leidet.
Die Proteste unter den Hashtags #EndBadGovernanceinNigeria und #RevolutionNow haben am 1. August begonnen und zielen vor allem darauf ab, Druck auf Präsident Bola Ahmed Tinubu auszuüben, damit er eine Reihe von Wirtschaftsreformen revidiert, die sich stark auf das Leben der nigerianischen Bürger auswirken. Bei der Ausrufung der
Demonstrationen haben sich die Nigerianer vom Beispiel der Kenianer inspirieren lassen. Die Proteste zwangen Präsident William Ruto dazu, das Finanzgesetz zurückzuziehen und eine große Regierungsumbildung vorzunehmen.
Minderwertige Produkte
Das bevölkerungsreichste Land Afrikas kämpft mit der Versorgung seiner 220 Millionen Bürger.
Die Wirtschaftspolitik von Präsident Tinubu, der sein Amt im Mai 2023 angetreten hat, stößt in weiten Teilen der Gesellschaft auf zunehmenden Widerstand. So sind die Lebensmittelpreise um 40 Prozent gestiegen und die Treibstoffpreise haben sich verdreifacht, seit Tinubu die Wirtschaftsmaßnahmen zur Bekämpfung der Staatsverschuldung beschlossen hat. Viele Nigerianer müssen nach Berichten Mahlzeiten ausfallen lassen und auf Produkte wie Fleisch, Eier und Milch verzichten. Im Norden griffen die Menschen auf minderwertigen Reis zurück, der als Fischfutter verwendet wird. Die nigerianischen Bischöfe haben sich mit den Demonstranten solidarisiert.
Der Vorsitzende der Katholischen Bischofskonferenz von Nigeria (CBCN) und Erzbischof von Owerri, Lucius Iwejuru Ugorji, erklärte in seiner Eröffnungsrede zur ersten Jahresvollversammlung der Bischofskonferenz: „Aufgrund der Reformen der Regierung sind Millionen von Nigerianern auf ein Leben in extremer Armut, unglaublichem Leid und unsäglicher Not reduziert worden, wie es in der Geschichte unseres Landes noch nie vorgekommen ist“
Angst vor islamistischem Terror
Die ohnehin angespannte Lage wurde in letzter Zeit durch mögliche Putschpläne angeheizt, die die nigerianische Armee jedoch dementiert hat. Die Regierung hat unterdessen die Bürger aufgerufen, sich nicht an den Demonstrationen zu beteiligen, und ruft zum Dialog und zur Mäßigung auf. Die Bischöfe der Kirchenprovinz Ibadan erklärten dazu laut dem Fidesdienst: „Proteste sollten so durchgeführt werden, dass sie ihren Zweck erfüllen, ohne unnötige Störungen zu verursachen. Die Demonstranten sollten die Möglichkeit haben, ihre Meinung zu äußern, ohne damit andere zu stören, die sich nicht beteiligen wollen“.
Schließlich fordern sie die Regierung auf, umgehend und wirksam auf die Forderungen der Nigerianer zu reagieren, damit Proteste nicht mehr notwendig sind. Doch inzwischen wächst die Besorgnis, dass dass es zu Provokationen durch kriminelle Gruppen kommen könnte, um Chaos zu stiften. Das Augenmerk richtet sich vor allem auf die islamistische Terrorgruppe Boko Haram, die nach wie vor aktiv ist. So explodierte am vergangenen Mittwoch auf einem Markt im nigerianischen Bundesstaat Borno eine Bombe, bei der mindestens 16 Menschen getötet und Dutzende verwundet wurden. DT/chp
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