Eine „Alternative für Deutschland - mit Substanz“ soll die CDU ab jetzt sein. So zumindest will es Friedrich Merz, der diese Formulierung sicher nicht aus Versehen bei einem Statement auf der CSU-Klausur im Kloster Andechs benutzte. Gut gebrüllt, Löwe! Wie zu erwarten, machte Merz sich damit links der CDU keine Freunde. „Irre, wie Merz den Diskurs immer weiter nach rechts schiebt“, schrieb etwa die Berliner SPD-Politikerin Sawsan Chebli auf Twitter. In Zeiten, in denen bundesweit rund ein Fünftel der Bürger AfD wählen würde, ist Merz nun aber wohl endgültig klar geworden, dass das Heil seiner Partei nicht ausschließlich in der Mitte liegen kann.
Stattdessen bildet sein Ausspruch die Erkenntnis ab, dass eine Oppositionspartei alternative Positionen anbieten muss. Denn wieso CDU wählen, wenn diese auf wesentliche Fragen die gleichen Antworten gibt wie die Regierung? Die Abbildung alternativer Positionen, die ja auch in der Bevölkerung existieren, ist gleichermaßen überlebensnotwendig wie demokratische Pflicht. Dies anzuerkennen, ist zwar nur ein rhetorischer Schritt. Schließlich müssen nun auch neue Inhalte unter die Wählerschaft gebracht werden. Dass das nicht ganz leicht ist, zeigte jüngst die inhaltlich etwas verunglückte Einlassung des CDU-Lautsprechers Thorsten Frei, der angesichts des anhaltenden ungewollten Zuzugs vorschlug, das Grundrecht auf Asyl zu kontingentieren.
Allemal besser als ein Verbot
Der Pfad, den Merz offensichtlich einzuschlagen gewillt ist, ist aber allemal sinnvoller als der Vorschlag seines anderen Parteifreundes Marco Wanderwitz, der stattdessen die bereits real existierende Alternativ- und Konkurrenzpartei AfD einfach verbieten will. Sollte stattdessen die CDU zur Alternative mit Substanz werden, kann der Wähler selbst über das weitere Schicksal der AfD „ohne Substanz“ entscheiden.
Friedrich Merz macht sich mit dem Versuch, seine Partei inhaltlich stärker von der Regierung abzugrenzen, in Berlin keine Freunde. Klar, dass man da versucht, den dem Allparteienkonsens entlaufenen Merz möglichst schnell wieder einzufangen – oder abzuschießen. Anders als die Löwin, die derzeit mutmaßlich durch Berliner Vorgärten tourt, und damit jede Menge Aufregung verursacht, hat Merz es aber selbst in der Hand, ob er sich von den aufgescheuchten Diskurshütern der Berliner Republik zur Strecke bringen lässt.
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