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Gericht entzieht Marine Le Pen vorläufig das passive Wahlrecht

Im Pariser Prozess um EU-Gelder geht es nicht nur um Veruntreuung, sondern um Frankreichs kommende Präsidentschaftswahl. Die Strafe tritt vorerst sofort in Kraft.
Marine Le Pen mit Ihren Anwälten
Foto: Imago/Bestimage

Wird die politische Landschaft in Frankreich neu geordnet? Am Montag hat ein Pariser Strafgericht Marine Le Pen der Veruntreuung von EU-Geldern für schuldig befunden und sie vorübergehend für unwählbar erklärt. Die Vorsitzende des Rassemblement National (RN) und acht weitere Europaabgeordnete ihrer Partei wurden im Zusammenhang mit der Scheinbeschäftigung von Mitarbeitern verurteilt. Das Gericht ordnete zudem an, dass die Strafe vorläufig sofort in Kraft tritt. Eine Kandidatur Le Pens bei der Präsidentschaftswahl 2027 ist damit vorerst nicht möglich.

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Die französische Staatsanwaltschaft hatte zuvor fünf Jahre Haft, eine Geldstrafe von 300.000 Euro und ein sofort wirksames Verbot öffentlicher Ämter gefordert. Auch wenn das genaue Strafmaß noch nicht vollständig verkündet ist, wurde bereits bekannt, dass Le Pen das passive Wahlrecht aberkannt wurde – eine in Frankreich gängige Strafe bei Verurteilungen wegen Korruption oder Untreue.

Neben Le Pen waren 24 weitere Personen aus dem Umfeld des RN angeklagt, darunter auch der im Januar verstorbene Parteigründer Jean-Marie Le Pen. Zwischen 2004 und 2016 sollen rund 4,6 Millionen Euro aus EU-Mitteln zweckentfremdet worden sein. Laut Anklage wurden Personen als parlamentarische Assistenten entlohnt, obwohl sie tatsächlich parteiinterne Aufgaben in Paris erfüllten. Le Pen soll unter anderem die Löhne ihres Leibwächters, ihrer Sekretärin und weiterer Parteimitarbeiter über EU-Gelder finanziert haben.

Berufung wird erwartet

Die Staatsanwaltschaft sprach von einem „organisierten und zentralisierten System“ der Zweckentfremdung. Die Beweisführung stützte sich auf interne Dokumente, E-Mails und Zeugenaussagen. Le Pen wies die Vorwürfe zurück, bezeichnete das Verfahren als politisch motiviert und plädierte auf Freispruch. Ihre Verteidigung verwies auf die Verzahnung von europäischer und nationaler Arbeit. Bereits andere Parteien waren in vergleichbaren Fällen verurteilt worden

Noch bevor das vollständige Urteil verkündet wurde, verließ Le Pen den Gerichtssaal. Es wird erwartet, dass sie Berufung einlegt. Ob ein höheres Gericht die sofortige Wirkung der Strafe aufhebt, ist offen.

Als möglicher Nachfolger gilt Parteichef Jordan Bardella. Der 29-Jährige hat bislang keine Ambitionen öffentlich gemacht, gilt aber als enger Vertrauter Le Pens. Eine im Jahr 2024 erschienene Biografie deutet auf mögliche Absichten hin.

Trotz des Prozesses bleibt der Rückhalt für Le Pen stabil. In Umfragen erreicht sie derzeit 37 Prozent – zehn Punkte mehr als 2022. Viele Anhänger sehen sie als Opfer politischer Justiz. Themen wie soziale Sicherheit und Migration überlagern juristische Fragen. Ein sofort vollstreckbares Amtsverbot könnte für Le Pen, das RN und Frankreichs politisches Gleichgewicht dennoch einen tiefen Einschnitt bedeuten. DT/jna

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