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Frankreich: Der „Kreuzzug“ gegen den Mann – der neue Hass auf Männer

Frauen hassen Männer. Zwei neu erschienene Bücher bringen radikale Thesen zwischen Buchdeckel. Rache an allen Männern.
Frauen sollen sich vom Joch der Männer befreien
Foto: stock.adobe.com | Frauen sollen sich vom Joch der Männer befreien, verlangen die Publizistinnen Alice Coffin und Pauline Harmange in ihren neuen Büchern.

In diesen Tagen sind in Frankreich zwei Bücher von Frauen erschienen, die mit männerfeindlichen Tiraden heftige Diskussionen in den Medien auslösen. Der Figaro analysiert das Phänomen.
Der junge Buchautor und Redakteur des Figaro, Paul Melun, erkennt in den Aufrufen zum Männerhass Anzeichen für einen beunruhigenden Verfall des Verhältnisses zwischen Mann und Frau. Die „Musen des revanchistischen und kriegslustigen 21 Jahrhunderts“ heißen heute Alice Coffin und Pauline Harmange, die eine Autorin von „Le génie lesbien“ (Das lesbische Genie), die andere Verfasserin von „Moi les hommes, je les déteste“ (Ich hasse die Männer). Als „Lieblinge eines radikalisierten Progressismus“ beherrschten sie seit einigen Tagen die öffentliche Debatte in Frankreich. Beide Frauen attackieren, so Melun, das männliche Geschlecht im Ganzen. Coffin schreibt in „Le génie lesbien“ darüber, wie sich Frauen untereinander und gegenüber den Männern verhalten sollten: „Es reicht nicht, uns gegenseitig zu unterstützen, wir müssen unsererseits [die Männer] beseitigen“. Harmange erklärt in ihrem Buch, sie glaube, „dass der Hass auf die Männer uns die Pforten der Liebe für die Frauen (und für uns selbst) öffnet“.

Hass auf Männer

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Die Thesen der beiden Aktivistinnen stehen, laut Melun, im Zusammenhang mit der neuen, in den Vereinigten Staaten entstandenen sogenannten „Misandrie“-Strömung. Dabei gehe es für diese neuen Feministinnen darum, „den Hass auf Männer aufgrund ihres biologischen Geschlechtes für sich in Anspruch zu nehmen. Im Gegensatz zur Misogynie, zur Frauenfeindlichkeit, behauptet die Misandrie, die Frauen vom ewigen Joch der Männerherrschaft zu befreien. Für diese Aktivistinnen geht es nicht mehr darum, Gleichheit zu fordern, wohl aber darum, gegen die Männer, gegen alle Männer, zu kämpfen“. Daher auch schreibt Coffin - die 2020 auf der Liste der Grünen in den Pariser Stadtrat gewählt wurde –, dass sie keine Filme mehr von Männern anschaue und nicht mehr deren Musik höre. Allein, dass es den „grotesken und wunderlichen Stellungnahmen“, gelungen ist, publiziert zu werden, ist „schon erstaunlich“, wie Melun findet. Doch seit ihrem Erscheinen stoßen diese Pamphlete bei einer progressiven Anhängerschaft auf ein großes Echo. Vor dem „Conseil supérieur d’audiovisuel“ (CSA, Hoher Rat für audiovisuelle Medien), werde zwar „der kleinste sexistische oder rassistische Verstoß mit Vehemenz gemeldet“ – gegenüber den militanten Feministinnen verfahre man jedoch milde: „Wie kann es sein, dass derartige Äußerungen von allen Anhängern der Geschlechtergleichheit nicht öffentlich verurteilt werden?“, fragt Melun.

Der Mann ist an allem Schuld

In der Welt der politischen Korrektheit, so der Journalist weiter, ist „die einzig erlaubte Transgression der Hass in Bezug auf weiße Männer. Für die intersektionellen Kämpfer verkörpert der weiße Mann die nie versiegende Quelle aller unserer Übel“. Daher sei es wohl ganz normal für die angeblichen „Opfer“, sich zu rächen. Das Ergebnis ist der „verrückte Plan“ von Alice Coffin und Pauline Harmange: „die Gesellschaft auf Rachefeldzüge zu schicken, bei denen sich alle Frauen an allen Männern rächen, zumindest symbolisch“.

Aufruf zum Boykott

Daraus folgen Aufrufe zum Boykott von Arbeiten und Werken, die von Männern geleistet wurden. Besonders davon betroffen sei die akademische Lehre: Vorträge werden abgesagt oder abgebrochen und Professoren denunziert und angezeigt. „Dieser neue McCarthyismus dringt tief in die französischen Universitäten ein, die seitdem zu feministischen und ‚entkolonialisierten‘ Refugien werden. Die Aktivistinnen haben freien Zugang zu den Hörsälen, während Professoren und Dozenten unter Beschimpfungen und Drohungen den Ort in Polizeibegleitung verlassen müssen“. Diese „neuen Inquisitoren brechen zum Kreuzzug gegen die Männer, gegen die Weißen, gegen Frankreich auf“. Die Vorstellung, die sie vom Mann haben, ist – Melun zufolge – „dermaßen verzerrt und fast schon irreal, dass sie selbst anfangen, die Chiffre einer gewalttätigen und vulgären Virilität zu imitieren. Dies spiegelt eine verkürzte Sicht des männlichen Geschlechts wider“. DT/ks

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