Der Corona-Expertenrat hat die Kommunikation staatlicher Stellen in der Pandemie massiv gerügt. Ohne auf konkrete Beispiele einzugehen, kritisiert der Rat in seiner nunmehr fünften Stellungnahme ziemlich ungeschminkt: Der „Mangel an Übereinstimmung von verfügbaren Informationen, ihrer Bewertungen und den resultierenden Empfehlungen“ trage zur „Verunsicherung der Bevölkerung“ bei, böte „Falsch- und Desinformation“ eine Angriffsfläche, untergrabe das „Vertrauen in staatliches Handeln“ und gefährde „den Erfolg von wichtigen Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit“.
Keine Institution kommuniziert derzeit wie vom Rat empfohlen
Um die Bürgerinnen und Bürger „in ihrer Selbstwirksamkeit und risikokompetentem Verhalten zu unterstützen“, sei „eine reaktionsschnelle, evidenzbasierte, zielgruppen- und nutzerspezifische Risiko- und Gesundheitskommunikation unabdingbar“. Diese müsse „wissenschaftliche Evidenz einfach erklären, in Handlungsempfehlungen übersetzen und zur Bezugsnorm und ersten Wahl für hilfreiche und verlässlich Information“ machen. Auch wenn „Behörden und Ministerien“ derzeit „Teile davon“ realisierten, gäbe es „in Deutschland keine Institution, die eine derart gestaltete „Risiko- und Gesundheitskommunikation“ praktiziere.
Nach Ansicht des Rates stehe „jede Kommunikationskampagne“ heute „im Wettbewerb mit Falsch- und Desinformationen“. „Aufgabe einer effektiven Kommunikations- und Informationsstrategie“ sei deshalb auch, „diese zu identifizieren, zu bewerten und fachgerecht und verständlich zu entkräften“. Ein solches Angebot müsse „breit bekannt und äußerst einfach zugänglich sein“. Dazu sei eine „internationale Vernetzung“ und „Zusammenarbeit mit anderen nationalen und internationalen Gesundheitsorganisationen essentiell“. So wie die Pandemie sei auch die „Infodemie“, also die schnelle und weitreichende Verbreitung sowohl korrekter als auch falscher Informationen“, ein „globales Phänomen“. Auch hier gebe es wissenschaftsbasierte Ansätze und Richtlinien, die umgesetzt werden sollten.
Nachhaltiger Ausbau der Infrastruktur gefordert
Der Expertenrat empfiehlt der Bundesregierung „die Verbesserung der aktuellen Kommunikation und Informationsangebote“ und schlägt des weiteren vor, „die Infrastruktur für Risiko- und Gesundheitskommunikation schnell auszubauen“. Dabei sollten „bestehenden Kompetenzen gebündelt und fehlende ergänzt“ werden.
Die „multidisziplinär ausgerichtete Infrastruktur“ sollte „fachlich unabhängig“ sein, „das beste verfügbare Wissen“ generieren, es „für die Bevölkerung und die Fachöffentlichkeit übersetzen“ und an „alle relevanten Zielgruppen verbreiten“. Der Effekt sei zu evaluieren. Da die Corona-Pandemie nur „eine von mehreren kollektiven und globalen Gesundheitskrisen“ sei, auf die die Gesellschaft reagieren müsse, bedürfe es der Einrichtung einer nachhaltigen Infrastruktur, um die Bevölkerung „evidenzbasiert, schnell und effektiv“ zu informieren und in ihrer Risiko- und Handlungskompetenz zu unterstützen. DT/reh
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