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Spaniens Regierung will „Tal der Gefallenen“ mit Bauprojekt neu deuten

Der Entwurf zum Umbau der ehemaligen Franco-Gedenkstätte sieht tiefgreifende architektonische Veränderungen vor. Spaniens Linke will damit die Diktatur aufarbeiten. Kritiker sehen ideologisch motivierte Geschichtsumdeutung.
Das beeindruckende Tal der Gefallenen
Foto: IMAGO/Zoonar.com/Juan Jimenez (www.imago-images.de) | Der vom Ministerium für Wohnungswesen prämierte Entwurf sieht tiefgreifende architektonische Veränderungen vor. Die monumentale Freitreppe, die bisher zur Basilika führte, soll verschwinden.

Mit dem Wettbewerb zur sogenannten „demokratischen Erinnerung“ nimmt die spanische Regierung ein weiteres Mal das symbolträchtige Denkmal „Valle de los Caídos“ (Tal der Gefallenen), heute offiziell „Valle de Cuelgamuros“ (Tal von Cuelgamuros), in den Blick. Am Fuße des großen Kreuzes erstreckt sich (noch) eine der imposantesten Skulpturengruppen Spaniens: die Pietà, die Tugenden und die Evangelisten von Juan de Ávalos flankieren den Eingang zur Basilika.

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Bislang hat sich noch nichts verändert, aber das Projekt, das die Regierung ausgewählt hat, um dem Gelände eine neue Bedeutung zu geben, verspricht, alles zu verändern. Der Siegerentwurf trägt den Titel „La base y la cruz“ – „Die Basis und das Kreuz“. Das Kreuz soll bleiben; alles andere, offensichtlich umgedeutet werden.

Viele Fragen bleiben offen

Der vom Ministerium für Wohnungswesen prämierte Entwurf sieht tiefgreifende architektonische Veränderungen vor. Die monumentale Freitreppe, die bisher zur Basilika führte, soll verschwinden. An ihre Stelle tritt ein breiter, horizontaler Einschnitt – ein „Riss“, der laut dem verantwortlichen Architekten Iñaqui Carnicero „die starre Achse des Denkmals aufbrechen und einen Raum des Dialogs eröffnen“ soll. Unter diesem künstlichen Spalt entsteht eine kreisförmige Vorhalle, die zugleich Zugang zur Basilika und zu einer neuen „Gedenkstätte“ bietet. Der Bau soll 2027 beginnen und vier Jahre dauern; das Budget beläuft sich auf rund 31 Millionen Euro.

Während die Regierung den Eingriff als „Erneuerung im Dienste der Demokratie“ feiert, bleiben viele Fragen offen. Die Skulpturengruppe der Pietà fehlt auf den offiziellen Entwürfen. Zwar betonen Regierungsvertreter, es sei keine Entfernung vorgesehen, doch bleibt unklar, warum das zentrale Werk nicht gezeigt wird. Ähnlich unbestimmt ist das Schicksal der monumentalen Figuren der Evangelisten, die den Sockel des 150 Meter hohen Kreuzes flankieren. Nur das Kreuz selbst soll unangetastet bleiben.

Das Projekt steht in engem Zusammenhang mit dem „Gesetz zur Demokratischen Erinnerung“, das 2022 die offizielle Umbenennung des Tals und die Exhumierung Francisco Francos vollzog. Es ist Teil einer umfassenden Politik, die die Regierung als „Aufarbeitung der Diktatur“ versteht – Kritiker aber als ideologisch motivierte Geschichtsumdeutung sehen. Der Historiker Alberto Bárcena spricht von einem „undefinierten und unheimlichen“ Projekt: Man wisse, was das Tal gewesen sei, aber nicht, was es künftig sein werde.

Die sakrale Einheit des Ortes droht, gebrochen zu werden

Offiziell soll das Gelände künftig ein „Ort der Begegnung und des Pluralismus“ werden. Doch die geplante architektonische Zäsur – der „Riss“ im Stein, der die Achse der Basilika durchschneidet – wirkt wie eine materielle Umsetzung einer geistigen Intention: die sakrale Einheit des Ortes zu brechen, um ihn in ein Forum politischer Deutung zu verwandeln. Schon die Bildsprache des Entwurfs – die Absenkung des Zugangs, die Schattenarchitektur, die Betonung des Bruchs – signalisiert eine Distanz zur bisherigen religiösen Bedeutung.

Die Vereinbarung zwischen der Regierung und dem Erzbistum Madrid vom April 2024 garantiert zwar den Fortbestand der Basilika und der Benediktinergemeinschaft. Doch bleibt fraglich, ob der geplante gemeinsame Zugang zu Basilika und Ausstellungsräumen diese Vorgaben wirklich respektiert. Nicht vergessen ist, dass der bisherige Prior, Dom Santiago Cantera, unter Druck zum Rücktritt gezwungen wurde.

Das Kreuz von Cuelgamuros wird bleiben. Aber das, was es tragen soll – der Glaube, das Opfer, das Gebet –, droht in einem Projekt zu verschwinden, das weniger erinnern als umdeuten will. Der geplante „Riss“ könnte am Ende weniger ein Raum des Dialogs als eine Wunde sein, die noch lange nicht verheilt.

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