Auf die „extremsten militärischen Eventualitäten“ will sich die Europäische Union nun rasch und entschlossen vorbereiten. Dazu muss sie Lücken in der Verteidigungskapazität Europas schließen und eine europäische Verteidigungsindustrie aufbauen. Dafür, und um der Ukraine trotz der Zeitenwende in den USA weiter beistehen zu können, hat die EU-Kommission unmittelbar vor dem heute und morgen in Brüssel tagenden EU-Gipfel ein Weißbuch zur europäischen Verteidigung sowie ein ambitioniertes Verteidigungspaket mit Finanzmitteln für die EU-Mitglieder vorgelegt. Damit sollen umfassende Investitionen in die Verteidigungsfähigkeiten mobilisiert werden.
Nach Ansicht von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen können wir „nicht länger auf die Sicherheitsarchitektur setzen, auf die wir uns bisher verlassen haben“. Europa sei bereit, sein Schicksal in die Hand zu nehmen. „Wir müssen in die Verteidigung investieren, unsere Fähigkeiten ausbauen und einen proaktiven Sicherheitsansatz verfolgen“, so von der Leyen. Die EU wolle bei der Aufrüstung in Zukunft „europäischer einkaufen“, denn das bedeute, die technologische und industrielle Basis der europäischen Verteidigung zu stärken sowie Innovationen anzuregen. Letztlich gehe es um „die Schaffung eines EU-weiten Marktes für Verteidigungsgüter“.
Gemeinsame Beschaffung
Mit diesen Maßnahmen soll nicht nur auf die aktuelle Dringlichkeit reagiert werden, die Ukraine zu unterstützen. Langfristig geht es um die Sicherheit und Verteidigung Europas. Denn die Staaten Europas hätten zu wenig in militärische Fähigkeiten investiert und die Mittel zudem nicht effizient eingesetzt, ist man in Brüssel überzeugt. Jetzt will die EU ihren Mitgliedstaaten neue Möglichkeiten bieten, in die Verteidigung zu investieren, Verteidigungssysteme zu beschaffen und die Bereitschaft der europäischen Verteidigungsindustrie langfristig aufzubauen. Man setzt hierbei – aus militärischen wie aus finanziellen Gründen – auf eine gebündelte Nachfrage und mehr gemeinsame Beschaffung, letztlich auf den Ausbau eines EU-weiten Verteidigungsmarktes.
Die EU wird dafür bis zu 150 Milliarden Euro auf den Kapitalmärkten mobilisieren, um damit die EU-Mitgliedstaaten zu unterstützen, die Investitionen in die Verteidigungsfähigkeiten Europas zu erhöhen. Diese Gelder werden interessierten Mitgliedstaaten auf Anfrage ausgezahlt, und zwar als Darlehen mit langen Laufzeiten und wettbewerbsfähigen Preisen. Von der Gründung einer EU-Armee ist allerdings im neuen Weißbuch keine Rede. Die Verantwortung für die Streitkräfte liegt weiterhin bei den EU-Mitgliedstaaten, nicht in Brüssel. DT/sba
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