Am Freitag soll es soweit sein – dann wird Tesla-Gründer Elon Musk die Social-Media-Plattform „Twitter“ sein Eigen nennen können.
Doch nicht nur der vermutlich bald vollzogene 44-Milliarden-Dollar-Deal bringt die US-Regierung gegenwärtig massiv ins Grübeln. Denn Musk, der politisch den Republikanern nahesteht und aus seiner Verachtung für US-Präsident Joe Biden keinen Hehl macht, gelingt es immer weniger, politische Ansichten sowie geschäftliche und nationale US-Interessen maßvoll miteinander auszubalancieren – mit unmittelbaren Folgen für die US-Außen- und Sicherheitspolitik.
Ein unsicherer Kantonist
So hatte Musk, der seit Beginn des Ukraine-Kriegs die sich gegen Russland verteidigende Ukraine mithilfe seines Starlink-Satellitennetzes mit Informationen versorgt, Mitte Oktober angedroht, das Satelliten-Internet für die Ukraine nicht länger zu finanzieren – ruderte aber später zurück. Ein paar Tage davor gebärdete sich der Unternehmer mit Blick auf eben diesen Konflikt gewissermaßen als Henry-Kissinger-Double und schlug seinen 107 Millionen Followern auf Twitter ernsthaft einen neutralen Status für die Ukraine, den Verzicht des Landes auf die von Russland annektierte Halbinsel Krim und neue Referenden unter UN-Aufsicht zur staatlichen Zugehörigkeit der anderen russisch besetzten Gebiete zur Abstimmung vor. Zudem redete er der Umwandlung Taiwans in ein Protektorat Chinas das Wort.
Doch auch sein Twitter-Deal löst Kontroversen aus: Nicht nur will Musk, sobald er bei Twitter das Ruder übernimmt, die Mitarbeiterzahl drastisch senken – von 7.500 auf rund 2.000 – wie die "Washington Post" vergangene Woche berichtete. Die Pläne Musks, Twitter gemeinsam mit einer Gruppe höchst umstrittener ausländischer Investoren wie dem saudischen Prinzen Alwaleed bin Talal, der in Shanghai gegründeten Krypto-Börse Binance und dem Staatsfonds aus Katar zu kaufen, ließen in Washington die Alarmglocken schrillen: Laut „Bloomberg“ prüfe die Biden-Administration nun, ob die USA nationale Sicherheitsüberprüfungen von Elon Musks Geschäften anstellen sollten – und mutmaßen, dass hinter den pro-russischen sowie pro-chinesischen Worten des Tesla-Chefs noch andere Gründe als die Lust zur Provokation stecken könnten.
Die (Welt-)Sicherheit darf niemals privatisiert werden
Es steht Elon Musk, der mittlerweile auf Twitter seit der Sperrung von Ex-US-Präsident Donald Trump zu so etwas wie dem Chef-Polterer vom Dienst gegen Joe Biden sowie die US-Regierung geworden ist, selbstverständlich als Privatperson frei, kontroverse Meinungen und Ansichten zu vertreten.
Da seine Unternehmen SpaceX und Starlink jedoch mittlerweile fester Bestandteil der US-Sicherheitsstruktur sind, aber Musk nicht zögert, mit seinem hierdurch gewonnen Einfluss zu kokettieren beziehungsweise diesen als Drohkulisse zu missbrauchen, benötigen die USA tatsächlich möglichst bald einen Plan B, um in Fragen der Nationalen Sicherheit nicht zur Geisel eines erratisch agierenden und narzisstisch anmutenden US-Multimilliardärs zu werden, dem kurzfristiges Eigeninteresse wichtiger als Verträge und Verlässlichkeit erscheint. Was ein solcher Menschenschlag anrichten kann, konnte noch bis vor kurzem im Weißen Haus beobachtet werden.
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