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Die Abtreibungspille kam mit der Post

Abtreibung im siebten Monat: Britisches Gericht verurteilt Frau zu einer Haftstrafe von 28 Monaten – Richter wehrt sich gegen versuchte Einflussnahme.
Abtreibungspille Mifeprex  bis zur zehnten Schwangerschaftswoche
Foto: Imago Images | In Großbritannien werden vorgeburtliche Kindstötungen aktuell bis zur 24. Schwangerschaftswoche als legal betrachtet.

In Großbritannien hat ein Gericht eine 44-jährige Frau, die während der SARS-COV-2-Pandemie ein ungeborenes Kind im Alter von sieben Monaten durch Einnahme der Abtreibungspille getötet hat, zu 28 Monaten Gefängnis verurteilt. Bei der Verkündigung des Urteils am Montag setzte der Richter die Haftstrafe zur Hälfte zur Bewährung aus. Die Mutter von drei Söhnen hatte im Dezember 2019 festgestellt, dass sie schwanger ist. Im Mai 2020 wandte sie sich an den British Pregnancy Advisory Service (BPAS). Obwohl sie sich zu diesem Zeitpunkt bereits in der 28. Schwangerschaftswoche befunden hatte, gab sie gegenüber dem BPAS an, sie sei in der siebten Woche schwanger.

In Großbritannien werden vorgeburtliche Kindstötungen aktuell bis zur 24. Schwangerschaftswoche als legal betrachtet. Bis zur zehnten Schwangerschaftswoche können Frauen dort auch mittels der Abtreibungspille Mifegyne abtreiben. Danach müssen vorgeburtliche Kindstötungen in einer Klinik von einem Arzt durchgeführt werden. Laut den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft hatte die Frau zwischen Februar und Mai 2020 eine ausführliche Internetsuche gestartet und dabei mit Formulierungen wie „ich muss abtreiben, aber ich bin schon über 24 Wochen hinaus“ und „könnte ich ins Gefängnis kommen, wenn ich mein Baby in der 30. Woche abtreibe“, operiert.

Frau sieht das Gesicht des toten Kindes im Traum

Während der Pandemie hatten Regierung und Parlament für Frauen, die ungewollt schwanger werden, eine telemedizinische Beratung bis zur zehnten Schwangerschaftswoche eingeführt. Frauen, die die Kriterien erfüllten, schickte der BPAS die Abtreibungspille nach Hause. So auch in diesem Fall. Nach Einnahme des Präparats gebar die Frau das 32-Wochen-alte Kind offenbar tot. Wie die britische Zeitung „The Guardian“ schreibt, gab es laut einem Bericht des Gerichtsmediziners keine Anzeichen dafür, dass das Kind geatmet habe. Die Frau, die den Rettungsdienst informiert hatte, kam in ein Krankenhaus. Dessen Personal informierte anschließend die Polizei.

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Wie der Richter bei der Urteilsverkündung erklärte, leide die Frau, die mittlerweile die Tat gestand und „tiefe und aufrichtige Reue für ihre Taten“ empfinde, an Depressionen und Schuldgefühlen. Auch werde sie von Alpträumen und „Rückblenden“ geplagt, in denen sie das Gesicht ihres toten Kindes sehe. Hätte sie sich frühzeitig schuldig bekannt, hätte die Freiheitsstrafe auch vollumfänglich zur Bewährung ausgesetzt werden können.

Richter nennt Schreiben „unangemessen“

Im Verlauf des Prozesses hatten medizinische Fachgesellschaften versucht, Einfluss auf das Urteil zu nehmen. Laut dem „Guardian“ war dem Richter ein Schreiben zugegangen, das unter anderem vom „Royal College of Obstetricians and Gynaecologists“ und dem „Royal College of Midwives“ unterzeichnet worden war. Darin heißt es demnach: „Wir bitten Euer Ehren, in diesem Fall Milde walten zu lassen. Wir befürchten, dass eine Freiheitsstrafe in diesem Fall anderen Frauen, die telemedizinische Abtreibungsdienste in Anspruch nehmen oder spätere Schwangerschaftsabbrüche erleben, signalisieren könnte, dass sie eine Gefängnisstrafe riskieren, wenn sie medizinische Hilfe in Anspruch nehmen“, heißt es darin. 

Der Richter verwehrte sich gegen die versuchte Einflussnahme und bezeichnete den Brief als „unangemessen“. Auch akzeptiere er die Behauptung nicht, „dass eine Freiheitsstrafe in diesem Fall, Frauen und Mädchen davon abhalte, eine legale Abtreibung innerhalb der 24-Wochen-Grenze in Anspruch zu nehmen“.  DT/reh

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