Logo Johann Wilhelm Naumann Stiftung Sasses Woche in Berlin

Der Denkfehler der Union: Grüne Politik ist nicht gleich ökologische Politik

Die „Klima Union“ behauptet, Christdemokraten fit in der Klimapolitik zu machen. Jetzt ist ein prominenter Vertreter zu den Grünen gewechselt - nicht wirklich überraschend.
Fahrrad-Aktivist Heinrich Strößenreuther
Foto: RetoxKlar (www.imago-images.de) | Heinrich Strößenreuther gehörte zu den Gründern und führenden Funktionären der sogenannten „Klima Union“. Jetzt ist er dort wieder ausgetreten und zu den Grünen zurückgekehrt.

Haben Sie schon einmal den Namen Heinrich Strößenreuther gehört? Der 57-Jährige war einmal Mitglied bei den Grünen, wechselte dann zur CDU und gehörte dort zu den Gründern und führenden Funktionären der sogenannten „Klima Union“. Jetzt ist er dort wieder ausgetreten und zu den Grünen zurückgekehrt.

Lesen Sie auch:

Alle diese Stationen waren natürlich immer von entsprechender medialer Berichterstattung begleitet. Auch jetzt war der Austritt der FAZ und der „Süddeutschen“ immerhin jeweils eine längere Meldung wert, obwohl Strößenreuther bestenfalls ein Mann in der dritten politischen Reihe ist. Der Grund: Strößenreuther ist so etwas wie der fleischgewordene Beweis für eine Geschichte, die vor allem linke bis links-liberale Medien gerne erzählen: CDU und Klimaschutz – das funktioniert einfach nicht.

Der Aktivist rief seinen alten Parteichefs denn auch entsprechende Schimpfworte hinterher, Söder wie Merz hätten immer noch nicht die Zeichen der Zeit erkannt. Keine Frage, da juckt es den Kollegen in den Redaktionen von TAZ bis Süddeutscher förmlich in den Fingern. 

Symptomatisch für die strategische Denkfaulheit der Christdemokraten

Bis hierhin könnte man denken, lediglich eine Petitesse am Rande des politischen Betriebs. In Wirklichkeit ist der Fall aber symptomatisch für die strategische Denkfaulheit der Christdemokraten. Dass in der Partei nämlich Stößenreuther und Co. zeitweise geradezu schwarze Teppiche ausgerollt worden sind, hing damit zusammen, dass man dort auch glaubte, mit Hilfe der „Klima Union“ ein kampagnentaugliches Narrativ zu erzählen. Freilich mit einem anderen Spin als bei den Medien: CDU und Klimapolitik – das passt bestens zusammen – das sollte zur Botschaft werden. 

Nun müssen sich aber die Strategen fragen, ob sie sich mit diesen Klima-Aktivisten nicht eigentlich ein trojanisches Pferd in die Partei-Burg gezogen haben. Ging es nicht vielleicht von Anfang an diesen vermeintlichen grünen Schwarzen vor allem darum, aller Welt die Unfähigkeit der Union in Fragen der ökologischen Politik aufzuzeigen? Nur um dann nach erfolgter Mission wieder in die eigentliche politische Heimat zurückzukehren, freilich nun mit Helden-Nimbus?

Sasses Woche in Berlin
Foto: privat / dpa/Montage pwi | Woche für Woche berichtet unser Berlinkorrespondent in seiner Kolumne über aktuelles aus der Bundeshauptstadt.

Man mag sich im Adenauer-Haus ärgern. Aber eigentlich zeigt sich hier ein Programm-Defizit, das viel tiefer reicht. Der große Denkfehler: Grundsätzlich sei das, was die Grünen als ökologische Politik verkaufen, richtig. Wer also selbst sein Öko-Profil stärken will, der muss nur die Grünen imitieren. Ja, am besten noch einen draufsetzen, ganz nach dem olympischen Motto: „höher, schneller, weiter“. Heißt: Wir wollen auch die Transformation, aber wir sind dabei noch effektiver als die Grünen.

Grüne Ideologie prägt die Begriffe

Das alles beweist: Die Grünen bestimmen, was man in Deutschland als ökologisch versteht. Darin liegt der eigentlich politische Erfolg dieser Partei in den letzten drei Jahrzehnten. Ihnen ist es gelungen, mit ihrer Ideologie so sehr die Begriffe in diesem Themenfeld zu prägen, dass auch die politische Konkurrenz auf sie zurückgreifen muss, weil sie keine eigenen mehr hat.

Wenn die Union also künftig nicht mehr trojanischen Pferden à la Stößenreuther ausgeliefert sein will, müsste sie bereit sein, von ihrer eigenen weltanschaulichen Prägung her eigene Begriffe zu setzen. Aber dann müsste sie anfangen zu denken. Für diesen Wahlkampf ist es fast schon zu spät.

Katholischen Journalismus stärken

Hat Ihnen dieser Artikel gefallen? Stärken Sie katholischen Journalismus!

Unterstützen Sie die Tagespost Stiftung mit Ihrer Spende.
Spenden Sie direkt. Einfach den Spendenbutton anklicken und Ihre Spendenoption auswählen:

Die Tagespost Stiftung-  Spenden

Die Printausgabe der Tagespost vervollständigt aktuelle Nachrichten auf die-tagespost.de mit Hintergründen und Analysen.

Themen & Autoren
Sebastian Sasse CDU Klimapolitik

Weitere Artikel

Der Bundestag hat nun die Richterwahl verschoben. Aber die Union musste einen hohen Preis dafür zahlen: Sie stand kurz vor dem intellektuellen Offenbarungseid.
11.07.2025, 14 Uhr
Sebastian Sasse
Wider das Katastrophennarrativ: Der Wissenschaftsjournalist Axel Bojanowski legt eine augenöffnende Analyse der Klimadiskussion vor.
01.09.2025, 07 Uhr
Stefan Fuchs
Der Mensch ist weder bloß Materie noch bloß Geist. Seine Lebensform entsteht aus einem Wechselspiel von Leib und Seele, Körper und Geist. Ein Beitrag zur Anthropologie-Reihe.
03.08.2025, 07 Uhr
Regine Kather

Kirche

Herausgefordert von Biotechnik und Künstlicher Intelligenz: Die Unantastbarkeit der Menschenwürde war Thema eines Symposiums der beiden Ratzinger-Schülerkreise in Rom.
02.10.2025, 11 Uhr
Maximilian Welticke
Näher zur eucharistischen Anbetung: Adoratio machte es möglich, mit Vorträgen, Gebetszeiten und Begegnung. Auch Bischof Oster und Sophia Kuby kamen.
02.10.2025, 05 Uhr
Elisabeth Hüffer