Es steht schlecht um die Integration in Deutschland. Man schaue sich nur die Reaktionen auf die ersten Meldungen an, zur Europawahl könne eine Partei antreten, die der türkischen AKP und deren Führer, dem türkischen Staatspräsidenten Erdogan, nahesteht. Deutschland in Schockstarre. Sind alle Integrationsbemühungen der Türken der letzten Jahrzehnte zum Teufel, wenn sie jetzt begierig danach streben, für die fünfte Kolonne des Autokraten ihr Kreuz zu machen und dem Sultan 2.0 so dabei zu helfen, eine Machtbasis in Brüssel zu errichten? Das mag mancher nun denken, nur leider sprechen es immer noch viel zu wenige aus.
Es war naiv, zu glauben, wer eingebürgert sei, sei automatisch auch in unser politisches System integriert. Man kann deutscher Staatsbürger sein und trotzdem die Politik des Autokraten aus der Heimat unterstützen und sich gerne für dessen Machtinteressen instrumentalisieren lassen. Die Abstimmungsergebnisse der Auslandstürken bei den letzten Wahlen sprechen eine deutliche Sprache. Diese Fehler sollte man bedenken, bevor es nun, wie von der Bundesregierung geplant, zur nächsten Liberalisierungswelle bei den Einbürgerungen kommt.
Dieses Deutschland ist selbst für Integrationswillige unattraktiv
Teil der Wahrheit ist aber auch: Dieses Deutschland, patriotisch höchst unambitioniert, mit seiner Identität ständig hadernd, ist einfach unattraktiv, selbst für anfangs Integrationswillige. Wohinein soll man sich denn überhaupt integrieren? Was macht denn dieses Deutschland aus, das gar nicht mehr gewillt zu sein scheint, von seinem Stammplatz auf der Psychologen-Couch auf der Weltbühne einmal wieder aufzustehen?
Den Menschen türkischer Herkunft, die jetzt ein Sammelbecken für ihre politischen Interessen suchen, kann man nicht wirklich einen Vorwurf machen. Die Deutschen sind selbst schuld. Aber ziehen sie auch endlich Lehren daraus?
Interessant wird werden, wie diese neue Partei, wenn sie denn zustande kommen sollte, innenpolitisch agieren wird. Der Spitzenkandidat der AfD für die Europawahl, Maximilian Krah, hat schon vor längerer Zeit Erdogan-Anhänger, allesamt konservativ gesinnt und sicherlich nicht „woke“, als potentielles Klientel für seine Partei ausgemacht. Gibt es da bald Koalitionen? Nicht im Osten, da leben ja keine Türken. Aber zum Beispiel im Ruhrgebiet. In diesen Zeiten ist vieles vorstellbar.
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