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Das generelle Abtreibungsverbot ist in Mexiko „verfassungswidrig“

Abtreibung durchgängig unter Strafe zu stellen, ist verfassungswidrig, urteilt Mexikos Oberster Gerichtshof. Die linksliberale Presse feiert die Entscheidung als historisch, Lebensschutz-Verbände sprechen von einem „traurigen Tag“.
Demonstration für ein Recht auf Abtreibung in Mexiko
Foto: Jacky Muniello (dpa) | Demonstrantinnen mit Polizeischildern nehmen an einer Demonstration für ein Recht auf Abtreibung in Mexiko-Stadt teil.

Der Oberste Gerichtshof Mexikos hat jüngst entschieden, es sei verfassungswidrig, „die Abtreibung durchgängig unter Strafe zu stellen.“ Laut eigener Mitteilung „sprach er sich in einer einstimmigen Entscheidung der zehn Obersten Richter erstmals dafür aus, Frauen und gebärenden Personen das Recht zu garantieren, selbst zu entscheiden, ohne sich strafrechtlichen Konsequenzen auszusetzen.“

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Bevölkerungsreichstes Land Lateinamerikas, das Abtreibung erlaubt

In der mexikanischen, aber auch in der internationalen Presse – sowohl in den „liberalen“ spanischen Medien, etwa in „El País“, als auch in der jeweils spanischsprachigen Ausgabe von „BBC News“ und „The New York Times“ – wurde die Entscheidung als „historisch“ gefeiert. Die „New York Times“ schreibt: „Die Entscheidung ebnet den Weg, damit Mexiko das bevölkerungsreichste Land in Lateinamerika wird, in dem die Abtreibung erlaubt ist.“ Sie sei „von Frauenrechtlerinnen mit Jubel und von konservativen Politikern und der mächtigen katholischen Kirche mit Sorge aufgenommen“ worden.

Der Rechtsspruch erklärte Artikel 196 Strafgesetzbuch des nordmexikanischen Bundesstaat Coahuila, der die Abtreibung mit Freiheitsstrafe belegt, für ungültig. Die Richter erkennen an, dass dem „Schwangerschaftsprodukt“ ein Schutz zukomme, der mit der Zeit größer werde. Dieser Schutz dürfe aber „das Recht der Frauen und gebärender Personen auf reproduktive Freiheit nicht missachtet“.

In der Mitteilung heißt es weiter: „Da die Entscheidung mit einer Mehrheit von mehr als acht Stimmen getroffen wurde, ist die Begründung des Gerichtshofs für alle Richter in Mexiko, sowohl auf Bundes- als auch auf kommunaler Ebene, bindend. Bei der Entscheidung künftiger Fälle werden sie etwaige Strafnormen der Bundesstaaten, die den Schwangerschaftsabbruch durchgängig unter Strafe stellen, als verfassungswidrig ansehen müssen.“ Wenn auch der Rechtsspruch (bislang) nur den Bundesstaat Coahuila betrifft, könnte er sich auf künftige Strafgesetzänderungen der Bundesstaaten auswirken.

Zwei Drittel der Mexikaner sind pro-life

Die katholische Presseagentur „ACIPrensa“ hat einige Familien- und Prolife-Verbände nach ihrer Meinung zu der Entscheidung befragt. So merkte Rodrigo Iván Cortés, Vorsitzender der „Nationalen Front für die Familie FNF“ an: „Aus jüngsten Umfragen geht hervor, dass zwei von drei Mexikanern das Leben nachdrücklich unterstützen. Denn sie wissen, dass das Leben Vorrang vor anderen Rechten haben muss, weil es Voraussetzung für den Genuss anderer Rechte ist.“ Marcial Padilla, Geschäftsführer der Prolife-Plattform „ConParticipación“, sagte: Der 7. September sei „ein trauriger Tag in der Geschichte Mexikos. An diesem Tag hat der Oberste Gerichtshof Mexikos die größte Ungerechtigkeit begangen, Kindern den Schutz des Gesetzes zu entziehen, bevor sie geboren wurden.“ Mario Romo, Geschäftsführer von „Red Familia“, äußerte sich ebenfalls: „Die Richter haben zugunsten von ideologischen Meinungen und Strömungen gestimmt. Sie haben dem Druck des radikalen Feminismus nachgegeben, was nicht nur sie, sondern auch die Institution in Verruf bringt.“ 

Marcial Padilla fügte hinzu: „In unserem Land muss sich etwas ändern. Als Gruppen, die für das Recht auf Leben eintreten, werden wir einen Weg einschlagen, der heute beginnt und nicht aufhören wird, bis wir dazu zurückkehren, dass alle unsere Kinder vor und nach der Geburt gleichermaßen geschützt sind“.  DT/jg

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