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Christoph Ploß warnt vor einem Bündnis mit den Grünen

Christoph Ploß warnt seine Partei vor einem Bündnis mit den Grünen und mahnt ein klares Profil an. Ein Interview mit dem CDU-Bundestagsabgeordneten.
Cem Özdemir und Armin Laschet
Foto: Imago Images

Herr Ploß, Sie haben Ihre Partei vor einer Koalition mit den Grünen nach der Bundestagswahl gewarnt. Ist Ihre Botschaft in der Parteispitze angekommen? Und warum wäre aus Ihrer Sicht ein Bündnis mit den Grünen für die Union schädlich?

Natürlich gilt grundsätzlich, dass alle demokratischen Parteien miteinander Koalitionen bilden können müssen. Ich kann jedoch nur davor warnen, sich den Grünen anzubiedern oder ihnen gar hinterherzulaufen. Größere Schnittmengen hat die CDU mit anderen Parteien wie der FDP. Umso mehr freue ich mich, dass Markus Söder sich in der vergangenen Woche für die FDP als Wunschkoalitionspartner ausgesprochen hat; auch Armin Laschet hat dies in mehreren Interviews deutlich gemacht. Die Union ist eine bürgerliche Partei, die nicht ihre Prinzipien aufgeben und sich zu Gunsten einer schwarz-grünen Koalition inhaltlich entkernen darf.

Nun würden sicherlich manche Ihrer Parteifreunde sagen, dass auch die Grünen mittlerweile zu einer bürgerlichen Partei geworden sind.

"Die Ziele und das Programm der Grünen
haben mit bürgerlicher Politik wenig zu tun"

Die Ziele und das Programm der Grünen haben mit bürgerlicher Politik wenig zu tun. Beispiel innere Sicherheit: Zu einer bürgerlichen Politik gehört, dass man sich klar gegen Extremisten positioniert – egal aus welcher Richtung diese Extremisten kommen, sei es nun von rechts, von links oder etwa aus dem Islamismus. Man kann die unterschiedlichen Extremismusfomen sicherlich nicht in allen Punkten gleichsetzen, aber gerade mit Blick auf die Geschichte unseres Landes ist es die Aufgabe aller demokratischen Parteien, jegliche Form von Extremismus zu bekämpfen. Viele Vertreter der Grünen sind aber leider auf dem linken Auge blind. Die Grüne Jugend unterstützt offen die linksextreme Antifa. Das ist inakzeptabel! Die Politik sollte alles dafür tun, der Aushöhlung demokratischer Institutionen entschlossen entgegenzutreten

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Sie sind Hamburger Bundestagsabgeordneter. Hamburg war das erste Bundesland, in dem es auf Regierungsebene eine schwarz-grüne Koalition gab. Sehen Sie mit Blick auf diese Zeit nicht auch positive Erfahrungen?

Gerade aus der Hamburger Erfahrung kann ich sagen: Diese schwarz-grüne Koalition war für die CDU letztendlich überhaupt nicht gut. Die Hamburger CDU hat sich damals viel zu sehr darum bemüht, an die Grünen „anschlussfähig“ zu sein. Das kann man exemplarisch daran sehen, dass die damalige CDU-Führung trotz zahlreicher Warnungen eine Art Einheitsschule unterstützt hatte, welche die Grünen gefordert hatten. Durch solche Beschlüsse ist die CDU von über 40 Prozent auf nur noch gut 20 Prozent gefallen und hat viel Vertrauen zerstört. Das Hamburger Beispiel sollte daher als eine Art Blaupause für den Bund dienen: Man kann nämlich daran sehen, wie es nicht laufen sollte und wie die CDU schnell ihr bürgerliches Profil verlieren kann, wenn sie den Grünen gefallen möchte. Auch aufgrund dieser Hamburger Erfahrung setze ich mich für eine klare Positionierung ein.

Ökologische Themen, vor allem der Klimaschutz, werden im Bundestagswahlkampf eine wichtige Rolle spielen. Wie soll die Union den Grünen hier die Meinungsführerschaft abnehmen?

"Der Klimaschutz muss zum Markenzeichen der Union werden.
Wir müssen eine positive Geschichte erzählen und
die Menschen für ökologische Themen begeistern"

Der Klimaschutz muss zum Markenzeichen der Union werden. Ich werbe dafür, sich auch hier von den Grünen abzugrenzen und deutlich zu positionieren. Die Grünen setzen auf Verbote und auf Gängelung, das zeigt sich aktuell wieder in der Debatte um Einfamilienhäuser. Das ist ein falscher Ansatz. Wir müssen eine positive Geschichte erzählen und die Menschen für ökologische Themen begeistern. Es geht beispielsweise nicht darum, Flüge zu verbieten, sondern wir sollten dafür sorgen, dass das Fliegen klimaneutral möglich wird. Wir brauchen dafür mehr Innovationen in Forschung und Wissenschaft. Es geht auch darum, neue Technologien etwa durch den Aufbau einer Wasserstoffinfrastruktur zu entwickeln, durch die neue Arbeitsplätze in Deutschland entstehen können. Wir werden so zum Vorreiter einer Klimaschutzpolitik, die auch für andere Länder attraktiv wird. Ökologie und Soziale Marktwirtschaft muss man zusammen denken. Diese Themen bisher nicht deutlich genug herausgestellt zu haben, war sicherlich ein Defizit der Union. Aber die Bewahrung der Schöpfung, ich spreche bewusst nicht nur vom Klimaschutz, ist ein urchristliches Thema und für uns als Partei mit dem „C“ im Namen von elementarer Bedeutung.

Im Vorfeld der Wahl des neuen CDU-Bundesvorsitzenden ist deutlich geworden, dass Konservative und Wirtschaftsliberale in der Partei das Gefühl haben, ihre Positionen seien in der Ära Merkel in der CDU zunehmend an den Rand gedrängt worden. Wie sehen Sie das?

Ich bin der Auffassung, dass die Union nur dann stark ist, wenn alle drei Wurzeln der Partei sich entfalten können und gepflegt werden: die christlich-soziale, die liberale und die wertkonservative. Die CDU braucht alle drei Strömungen, um erfolgreich zu sein und unserem Land bestmöglich zu dienen. Dabei ist auch zu beachten: Diese drei Wurzeln stehen ja nicht gegeneinander, sondern sollten programmatisch verbunden werden.

Armin Laschet hat nach seiner Wahl versprochen, er wolle dafür sorgen, dass alle diese Strömungen in die Arbeit der Partei integriert werden. Hält er sein Versprechen? Sie haben bei der Wahl zum Vorsitz für Friedrich Merz geworben. Welche Rolle soll er künftig spielen?

Ich finde, Armin Laschet macht das richtig gut. Er hat ja jetzt zum Beispiel in einem Interview mit der Zeitschrift der Mittelstands- und Wirtschaftsunion (MIT) deutlich gesagt, dass im nächsten Kabinett auch wirtschaftsliberale und konservative Stimmen vertreten sein werden, darunter auch mindestens ein prominenter Vertreter der MIT. Eines ist auch klar: Friedrich Merz sollte auch in Zukunft eine wichtige Rolle in der CDU spielen.

"Die Menschen brauchen zielgerichtetere Maßnahmen,
mehr Tests und eine Perspektive, sonst werden
viele Menschen nicht mehr lange durchhalten"

Es gibt zunehmend Unmut in der Bevölkerung über die Corona-Maßnahmen. Ist ein Kurswechsel nötig?

Die Menschen brauchen zielgerichtetere Maßnahmen, mehr Tests und eine Perspektive, sonst werden viele Menschen nicht mehr lange durchhalten. Der nächste Bund-Länder-Gipfel muss klar aufzeigen, unter welchen Bedingungen wann wie geöffnet werden kann.  Dabei stehen für mich vor allem Schulen und Bildungseinrichtungen im Vordergrund. Gerade die Kinder und Jugendlichen sollten bei der Debatte stärker im Fokus stehen. Generationengerechtigkeit und die Sorge für nachkommende Generationen sollten gerade uns Christen ein wichtiges Anliegen sein.

Hamburgs CDU-Chef Christoph Ploß (CDU)
Foto: Markus Scholz (dpa) | Hamburgs CDU-Landesvorsitzender Christoph Ploß (CDU) fordert in der Corona-Krise eine bundeseinheitliche Öffnungsstrategie.

Es gibt die Kritik, dass der Bundestag zu wenig an den Beschlüssen über die Corona-Maßnahmen beteiligt gewesen sei. Wie sehen Sie das als Bundestagsabgeordneter?

Ich teile diese Kritik nicht. Bevor Gesetze zur Coronakrise im Bundestag beschlossen wurden,  gab es aus der Unionsfraktion zahlreiche Vorschläge für Änderungen, die auch berücksichtigt worden sind. So haben wir im Infektionsschutzgesetz deutlich gemacht, dass es keine Impfpflicht geben wird. Und wir haben im Parlament über viele Gesetze zur Bewältigung der Coronakrise intensiv debattiert. Allerdings bin ich auch der Meinung: Die Debatten im Parlament zu den Maßnahmen sollten vor den Sitzungen der Ministerpräsidenten mit der Kanzlerin stattfinden und nicht danach. Dann könnte der Deutsche Bundestag die Diskussionen dort noch besser im Vorfeld prägen.

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Sebastian Sasse

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