Messerattacken sind in einigen Vierteln Londons keine Seltenheit, eher schon so häufig, dass die Bevölkerung abgestumpft ist. Fast jeden Tag liest man von schweren Verletzungen, im Schnitt einmal pro Woche endet ein Angriff tödlich. Drei Tage nach Neujahr traf es den Polen Dariusz Wolosz. Der 46-jährige lief kurz nach Mitternacht durch Drayton in West-London, als es zu einer verbalen Auseinandersetzung mit einigen Jugendlichen kam. Plötzlich wurde er „aus einer Gruppe heraus“ heraus, wie es später in der Polizeimeldung hieß, mit einem Messer angegriffen und erlitt eine tiefe Wunde am Oberschenkel. Die herbeigerufenen Notärzte konnten ihn nicht mehr retten. Zwei Tage später nahm die Polizei einen Tatverdächtigen fest: einen 13-Jährigen.
"Wirf das Messer weg, rette ein Leben“
Die grassierende Messerkriminalität hat einigen Briten keine Ruhe mehr gelassen, die den christlichen Verein „Word 4 Weapon“ (Wort statt Waffen) gegründet haben. Er versucht, die auf den Straßen getragenen Messer einzusammeln. Der Verein stellt seit 2007 Metalltonnen als Messer-Abfalleimer an Kirchen oder Supermärkten in sozialen und kriminellen Brennpunkten auf. „Wirf das Messer weg, rette ein Leben“ (Bin your knife, save a life!) steht auf den Tonnen. Die „Knife Bins“ sind fest im Boden verankert und haben oben einen schmalen Schlitz für die Waffen. „Wir wollen junge Menschen ermutigen, ihre Messer sicher abzugeben, um die inakzeptable Gewalt zu reduzieren“, erzählt Yvonne Codner von der vielfach ausgezeichneten Organisation. Inzwischen hat sie 33 Messer-Abfalleimer in London installiert und es gibt Anfragen für zwanzig weitere, erzählt sie.
Ein Standort ist die Kirche St. Ignatius auf dem Hügel Stamford Hill, ein paar hundert Meter vom sozialen Problemviertel Hackney entfernt. An der Backsteinfassade der Jesuitenkirche hängt ein meterhohes Plakat mit einem Bibelvers vom Propheten Jesaja „Sie werden ihre Schwerter zu Pflugscharen und ihre Spieße zu Sicheln machen“. Groß ist das Logo von „Word 4 Weapons“ zu sehen und ein durchgestrichenes Messer, darunter steht der Eimer.
Gemeindepfarrer Pater Andrew Cameron-Mowat SJ. erzählt, dass einer sein Vorgänger, Tim Byron, vor gut zehn Jahren den Eimer aufstellen ließ, nachdem ein schwarzer Jugendlicher Godwin Lawson in Stamford Hill erstochen worden war. Der 17-jährige Lawson war ein früherer Schüler des St. Ignatius College, sein Tod berührte die Gemeinde stark. Byron wies damals leidenschaftlich die verbreitete Ansicht zurück, dass Messer auch dem Selbstschutz dienen könnten. „Ihr seid zehnmal mehr gefährdet von Messerstechereien, wenn ihr ein Messer tragt. Was für ein Schutz ist das?“ DT/mee
Claudia Hansen über die christliche Initiative „Word4Weapon“. Lesen Sie den ganzen Text in der kommenden Ausgabe der Tagespost.