Logo Johann Wilhelm Naumann Stiftung Kommentar um "5 vor 12"

China spielt den Friedensengel

Peking vermittelt eine Aussöhnung zwischen Saudi-Arabien und dem Iran. Warum also nicht auch zwischen Russland und der Ukraine? Doch Peking präsentiert stets seine Rechnung.
Besuch von Irans Präsident Raisi in China
Foto: - (Iranian Presidency) | Saudi-Arabien und der Iran wollen ihre Differenzen beilegen und die abgebrochenen diplomatischen Beziehungen wieder aufnehmen. Was das in der Region bedeutet, bleibt skeptisch abzuwarten.

Hunderttausende Tote und Millionen Kriegsflüchtlinge gehen auf das Konto der Rivalität zwischen Saudi-Arabien und dem Iran, die sich in Stellvertreterkriegen austobt. Allein im Jemen, wo beide Seiten seit Jahren einen grausamen Bürgerkrieg anheizen und aufrüsten, wurden mehr als 400.000 Menschen getötet. Auch in Syrien stehen Riad und Teheran seit 2011 auf entgegengesetzten Seiten.

Lesen Sie auch:

Jetzt wollen Saudi-Arabien und der Iran ihre Differenzen beilegen und die abgebrochenen diplomatischen Beziehungen wieder aufnehmen. Was das in der Region bedeutet, bleibt skeptisch abzuwarten, denn der Iran wird auf seinen Einfluss im Libanon, in Syrien und im Irak nicht verzichten, während Saudi-Arabien seinen finanzgestützten Export des radikal-sunnitischen Wahhabismus nicht einstellen wird.

China übernimmt eine Führungsrolle in Nahost

Mehr Aufmerksamkeit verdient der weltpolitische Hintergrund der Versöhnungsgesten: Verkündet wurde das Ende der saudisch-iranischen Eiszeit in Peking; vermittelt wurde es durch „die großzügige Initiative von Präsident Xi Jinping“, wie die saudische Staatsagentur devot meldete. China hat die Feinde an einen Tisch beordert und zur Aussöhnung geführt. Nicht etwa Russland, das mit dem Iran eng zusammenarbeitet, und auch nicht Amerika, die Schutzmacht der Saudis.

Die doppelte Botschaft Pekings an die Welt lautet: China löst die „traditionellen“ Paten der Rivalen in Nahost ab und spielt nun auch in der islamischen Welt eine Rolle. Mehr noch: China präsentiert sich als Supermacht des Friedens. Wenn China Teheran und Riad zur beiderseitigen Zufriedenheit versöhnen kann, warum dann nicht auch Russland und die Ukraine?

Es wäre jedoch naiv, zu übersehen, dass China stets nur chinesische Interessen vertritt. Die Vermittlung zwischen Saudi-Arabien und dem Iran hat einen Grund: China ist bereits jetzt der größte Käufer von Erdöl aus beiden Staaten. Saudisches Öl wird an der Börse von Shanghai künftig in chinesischen Yuan abgerechnet, womit die Monopolstellung des US-Dollar im Erdölgeschäft gebrochen ist. Kein Zweifel: Der Friedensengel China präsentiert immer auch seine Rechnung.

Die Printausgabe der Tagespost vervollständigt aktuelle Nachrichten auf die-tagespost.de mit Hintergründen und Analysen.

Themen & Autoren
Stephan Baier Bürgerkriege Xi Jinping

Weitere Artikel

Dem bettelarmen Haiti droht nach Tyrannei und Chaos nun eine kriminelle Bandendiktatur.
22.03.2024, 19 Uhr
Carl-Heinz Pierk

Kirche

Die Heilsquelle der Christen betrachten: Das Kreuz steht im Mittelpunkt authentischer Kirchenreformen.
28.03.2024, 21 Uhr
Regina Einig