Logo Johann Wilhelm Naumann Stiftung Trotz kirchlicher Kritik

Britisches Unterhaus stimmt für Legalisierung der Suizidbeihilfe

Unheilbar Kranke sollen unter strengen Bedingungen Zugang zu Selbsttötungsmitteln bekommen. Noch fehlt die Zustimmung des Oberhauses – sie gilt jedoch als wahrscheinlich.
Demonstration gegen das Gesetz zur Legalisierung der Suizidbeihilfe
Foto: IMAGO/WIktor Szymanowicz (www.imago-images.de) | In London protestieren Gegner der Suizidbeihilfe gegen den „Terminally Ill Adults (End of Life) Bill“.

Das britische Unterhaus hat mehrheitlich für ein Gesetz zur Legalisierung der Suizidbeihilfe gestimmt. Die Parlamentarier nahmen den „Terminally Ill Adults (End of Life) Bill“ am Freitag in dritter Lesung mit einer Mehrheit von 314 zu 291 Stimmen an. Das Gesetz gewährt unheilbar Kranken mit einer Lebenserwartung von weniger als sechs Monaten in England und Wales die Möglichkeit, unter strengen Bedingungen Zugang zu Selbsttötungsmitteln zu bekommen.

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Nach bisheriger Gesetzeslage ist assistierter Suizid in Großbritannien illegal. Gemäß dem „Suicide Act“ aus dem Jahr 1961 kann es mit bis zu 14 Jahren Gefängnis bestraft werden, einer Person Beihilfe zum Suizid zu leisten. Diese Regelung gilt für England, Wales und Nordirland, während in Schottland das Strafrecht ähnlich strenge Verbote für assistierten Suizid vorsieht. Euthanasie, das aktive Beenden eines Lebens durch einen Arzt, wird weiterhin als Mord oder Totschlag betrachtet und bleibt ebenfalls strafbar. Beides wird von dem geplanten Gesetzesentwurf nicht berührt.

Prominenter Kritiker: Kardinal Vincent Nichols

Ehe das neue Gesetz in Kraft treten kann, muss noch das Oberhaus des Parlaments, das „House of Lords“, darüber beraten und zustimmen. Beobachter gehen allerdings davon aus, dass dies sehr wahrscheinlich ist. Die Kirchen hatten in den vergangenen Monaten immer wieder Kritik an der geplanten Legalisierung der Suizidbeihilfe geübt. Insbesondere der Vorsitzende der katholischen Bischofskonferenz von England und Wales, Kardinal Vincent Nicholas, trat als lautstarker Kritiker des Gesetzesentwurfes hervor. Anfang April warnte er in einem Hirtenbrief vor einer „grundlegenden Veränderung unseres gesellschaftlichen Zusammenlebens“ durch den „Terminally Ill Adults (End of Life) Bill“.

Zudem forderte Nichols, Erzbischof von Westminster, gemeinsam mit dem Oberrabbiner Ephraim Mirvis, der anglikanischen Londoner Bischöfin Sarah Mullally und Vertretern von Sikhs, Hindus und Muslimen in einem Offenen Brief mehr Palliativmedizin und Hospizversorgung statt Sterbehilfe. Ein Recht zu sterben könne dazu führen, dass schutzbedürftige Menschen das Gefühl bekämen, sie hätten eine „Pflicht zu sterben“, hieß es darin. Für die Abstimmung im Unterhaus galt, wie schon bei den vorangegangenen Lesungen, kein Fraktionszwang, sodass die Abgeordneten nicht angehalten waren, nach Parteilinie abzustimmen.  DT/mlu

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