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Biden verspricht landesweites „Recht“ auf Abtreibung

Die Abtreibungsfrage als entscheidendes Thema: Wenn die Demokraten die Kongresswahlen gewinnen, wolle er das umstrittene Urteil „Roe vs. Wade“ landesweit verankern, so der US-Präsident.
US-Präsident Biden verspricht landesweites „Recht“ auf Abtreibung
Foto: Patrick Semansky (AP) | Für den Fall, dass die Demokraten Mehrheiten in beiden Kammern erzielen sollten, versprach der 79-Jährige Amtsinhaber: „Der erste Gesetzentwurf, den ich dem Kongress übermitteln werde, wird einer sein, der Roe vs.

Drei Wochen vor den wegweisenden Kongresswahlen hat der amerikanische Präsident Joe Biden abermals bekräftigt, ein landesweites „Recht“ auf Abtreibung einführen zu wollen. Mit seinem umstrittenen Urteil im Fall „Roe vs. Wade“ habe der Oberste Gerichtshof der USA vor fast 50 Jahren richtig gelegen, erklärte Biden am Dienstag in einer Rede vor dem „Democratic National Commitee“ (DNC) in der Hauptstadt Washington. „Und ich glaube, der Kongress sollte Roe ein für allemal in einem Gesetz verankern.“

"Das letzte Wort liegt bei euch"

Seit „Roe vs. Wade“ waren Abtreibungen vor der Lebensfähigkeit des Fötus außerhalb des Mutterleibs straffrei – im ersten Trimester einer Schwangerschaft quasi ohne Einschränkungen, mit gewissen Einschränkungen auch noch im zweiten Trimester. Der Oberste Gerichtshof kippte das Grundsatzurteil jedoch im Juni mit seiner Entscheidung im Fall „Dobbs vs. Jackson Women’s Health Organization“. Die Kompetenz, Abtreibungsgesetze zu erlassen, liegt nun wieder bei den einzelnen Bundesstaaten.

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In seiner Rede erklärte Biden die Abtreibungsfrage zu einem der entscheidenden Themen im Vorfeld der Abstimmung am 8. November. „Wenn euch das Recht auf Entscheidungsfreiheit am Herzen liegt, müsst ihr wählen gehen“, betonte er. Damit die Demokraten beide Kammern des Kongresses kontrollieren könnten, sei es bei den anstehenden „Midterm elections“ äußerst wichtig, mehr demokratische Senatoren und Abgeordnete zu wählen.

Für den Fall, dass die Demokraten Mehrheiten in beiden Kammern erzielen sollten, versprach der 79-Jährige Amtsinhaber: „Der erste Gesetzentwurf, den ich dem Kongress übermitteln werde, wird einer sein, der Roe vs. Wade als landesweites Gesetz festschreibt.“ Sollte der Kongress das Gesetz dann verabschieden, „werde ich es im Januar unterzeichnen, 50 Jahre nachdem Roe zum ersten Mal zum landesweit gültigen Gesetz erklärt wurde“. Der Präsident appellierte direkt an die amerikanischen Wähler, sich klarzumachen, dass das „letzte Wort“ weder vom Gericht gesprochen werde, noch von den „extremistischen Republikanern im Kongress“. Er wollte betonen, „dass das letzte Wort bei euch liegt“.

Biden: Republikaner beharren auf "extremen Positionen"

Der US-Präsident warnte auch davor, dass die Republikaner versuchen würden, ein landesweites Abtreibungsverbot zu verabschieden, wenn sie bei den im November anstehenden Kongresswahlen die Mehrheit in beiden Kammern gewinnen sollten. Die republikanischen Kongressabgeordneten würden „auf ihren extremen Positionen beharren“, so Biden.

Gleichzeitig kündigte er an, von seinem präsidialen Vetorecht Gebrauch machen zu wollen, falls die Republikaner mit einem landesweiten Abtreibungsverbot „ihren Willen durchsetzen“. Wörtlich erklärte Biden: „Wenn solch ein Gesetz in den nächsten Jahren verabschiedet werden würde, lege ich mein Veto ein.“ Man müsse jedoch dafür sorgen, dass es gar nicht erst so weit komme.  

Biden betonte zudem, dass sich die medizinische Versorgung von Frauen in den vier Monaten, die seit dem neuen Gerichtsurteil vergangen sind, massiv verschlechtert habe. Als Beispiel nannte er etwa, dass Überlebenden von Vergewaltigungen und Inzest der Zugang zu medizinischer Behandlung in ihren Heimatstaaten verweigert worden sei, und diese dann in andere Staaten hätten reisen müssen, um versorgt zu werden. „Es herrscht so viel Verwirrung und Unsicherheit, dass Ärzte und Krankenschwestern fürchten, sie könnten strafrechtlich verfolgt werden, wenn sie einfach nur verantwortungsvoll ihren Job erledigen.“ Auch würden Patienten verschreibungspflichtige Medikamente verweigert, etwa im Fall von Arthritis oder Osteoporose, da Apotheken die Befürchtung hegten, die Medikamente könnten auch dazu verwendet werden um eine Schwangerschaft zu beenden. 

Demokraten droht Verlust von Mehrheiten

Momentan verfügen die Demokraten über eine Mehrheit im Repräsentantenhaus, während die Sitze im Senat gleichmäßig verteilt sind. Die demokratische Vizepräsidentin Kamala Harris kann jedoch dort mit ihrer Stimme eine knappe Mehrheit für die Demokraten schaffen. In den jüngsten Umfragen zu den Kongresswahlen liegt die Präsidentenpartei hinter den Republikanern, teilweise sogar deutlich. Als wahrscheinlich gilt derzeit, dass die Demokraten ihre Mehrheit im Repräsentantenhaus verlieren, dessen 435 Abgeordnete komplett neu gewählt werden. Im Senat, wo nur ein Drittel der Vertreter neu gewählt wird, ist der Wahlausgang dagegen völlig offen.  DT/mlu

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