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An freier Religionsausübung gehindert: Katholische Geistliche verklagen Trump

Mehrere Priester und Gefängnisseelsorger ziehen gegen die US-Regierung vor Gericht, da diese sie daran hindert, inhaftierten Migranten die Kommunion zu spenden.
Geistliche demonstrieren gemeinsam mit Aktivisten in Broadview bei Chicago
Foto: IMAGO/Jacek Boczarski (www.imago-images.de) | Geistliche demonstrieren gemeinsam mit Aktivisten in Broadview bei Chicago für das Recht inhaftierter Einwanderer auf pastorale Dienste.

Seit der US-Präsident Donald Trump im Januar zum zweiten Mal das Präsidentenamt antrat, haben sich durchaus Schnittmengen zwischen seiner Agenda und den Anliegen der katholischen Bischöfe gezeigt, allen voran auf dem Feld der Gesellschaftspolitik. Dafür treten beim Thema Migration derzeit kaum überwindbare Grenzen zutage. 

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Jüngstes Beispiel: Vergangene Woche zogen mehrere katholische Geistliche aus Chicago gegen Trump und das US-Innenministerium vor Gericht, da die Regierung sie daran hindere, inhaftierten Migranten die Kommunion zu spenden und diese seelsorglich zu betreuen. Zuvor war es vor dem Abschiebezentrum in Broadview bei Chicago wochenlang zu Protesten gekommen, die auch von katholischen Kirchenvertretern unterstützt wurden. Ausführlich berichtete darüber das US-Portal „Religion News Service“ (RNS). Im Zentrum steht wieder einmal die von Trump zur Abschiebetruppe umfunktionierte Regierungsbehörde „ICE“, die schon seit Monaten aufgrund ihres besonders harten und von manchen als willkürlich wahrgenommenen Vorgehens gegen Einwanderer in der Kritik steht.

Sieben Geistliche verschiedener Konfessionen verhaftet

Die Kläger, drei Ordenspriester und Gefängnisseelsorger, eine Ordensfrau und ein Theologieprofessor, machen in ihrer Klage geltend, die Regierung verletze sowohl das verfassungsmäßige Recht auf freie Religionsausübung der Geistlichen, wie auch das der festgehaltenen Migranten. Berichten des RNS zufolge versuchen Geistliche regelmäßig, den Inhaftierten nach Gottesdiensten vor der Haftanstalt die Kommunion zu spenden, jedoch würden sie von den Sicherheitskräften der Regierung daran gehindert. In der vorvergangenen Woche waren bei den Protesten mindestens sieben Geistliche verschiedener Konfessionen verhaftet worden. Für Aufsehen sorgten auch Bilder und Videoaufnahmen des Baptisten-Pastors Michael Woolf, der von Einsatzkräften brutal zu Boden gedrückt und anschließend abgeführt wurde, obwohl er gut erkennbar priesterliche Kleidung trug.

Dem RNS zufolge hatten an den Demonstrationen in Broadview zur Unterstützung der inhaftierten Migranten über Wochen hinweg Tausende Menschen teilgenommen, darunter mehrere Dutzend Priester. Der Weihbischof von Chicago, José María Garcia-Maldonado, hatte an Allerheiligen eine heilige Messe gefeiert. In ihrer Klage schreiben die Geistlichen, die USA würden schon lange dafür sorgen, dass in Gefängnissen und Haftanstalten Religionsfreiheit und -ausübung gewährleistet seien, „und es gibt keinen Grund, dies in Broadview zu verweigern, wo die große Mehrheit der Inhaftierten nicht straffällig geworden ist“. 

Auch Papst Leo XIV., der selbst aus Chicago stammt, äußerte sich bereits zu den Geschehnissen nahe seiner Heimatstadt. Er würde die Behörden „gewiss dazu auffordern, es Seelsorgern zu erlauben, sich um die Belange dieser Menschen zu kümmern“. Von besonderer Brisanz ist die Klage auch angesichts der jüngsten „Sonderbotschaft“ der katholischen US-Bischofskonferenz zur Situation von Einwanderern in den USA. In dem Schreiben, das die Bischöfe Mitte November im Rahmen ihrer Herbstvollversammlung in Baltimore nahezu einstimmig verabschiedet hatten, beklagten sie unter anderem auch die Bedingungen, unter denen Einwanderer in Haftanstalten untergebracht seien, sowie den mangelnden Zugang zu pastoralen Diensten. 

Papst Leo unterstützt Position der US-Bischöfe

Zwar hätten Nationen eine „Verantwortung, ihre Grenzen zu schützen“, heißt es in der Botschaft weiter, dies dürfe jedoch nicht einhergehen mit „unmenschlicher Rhetorik und Gewalt“. Besorgt zeigten sich die US-Oberhirten auch darüber, dass Migranten „herabgewürdigt“ würden und selbst Kirchen, Krankenhäuser und Schulen ihren Status als Zufluchtsorte verlieren würden. Man setze sich für eine „sinnvolle Reform“ der bestehenden Einwanderungsgesetze ein, so die US-Bischofskonferenz.

Papst Leo nannte die Botschaft der Bischöfe vor Journalisten in Castel Gandolfo „sehr wichtig“. Er wolle „alle Katholiken und Personen guten Willens dazu einladen, aufmerksam auf das zu hören, was sie gesagt haben“. Man müsse Wege suchen, die Menschen mit Menschlichkeit zu behandeln. Wenn sich jemand illegal im Land aufhalte, so der Papst, dann gebe es Wege, damit umzugehen – etwa die Gerichte oder das Justizsystem im Allgemeinen. Papst Leo wies auf Fehler im bestehenden US-Einwanderungssystem hin und bekräftigte ebenso wie die US-Bischöfe, dass niemand von den USA verlange, ihre Grenzen vollständig zu öffnen.

Der amerikanische Vizepräsident, J.D. Vance, der 2019 zum katholischen Glauben konvertierte, kommentierte im Gespräch mit einem „Breitbart“-Journalisten die Worte des Papstes mit dem Hinweis darauf, dass es nicht nur gut für US-Bürger sei, sichere Grenzen zu haben, sondern es sei „die humanitäre Sache, die man für die ganze Welt tun kann“. Wichtig sei es, eine Balance zu finden zwischen einer menschlichen Behandlung von Einwanderern und der Kontrolle der eigenen Grenzen zur Sicherheit der Bürger.

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