Die Nationalratsabgeordnete der Österreichischen Volkspartei (ÖVP), Gudrun Kugler, hat mit deutlicher Kritik auf den am Freitag vorgestellten Rechtsextremismusbericht des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstandes (DÖW) reagiert. Darin wird Kugler im Kapitel „Rechtskatholizismus“ unterstellt, ihr erfolgreicher Vorzugsstimmenwahlkampf bei den Wiener Gemeinderatswahlen 2015 sei „maßgeblich von diesem Milieu getragen“ worden. „2017 schaffte Kugler den Einzug in den Nationalrat per Grundmandat.“
In einer auf ihrem Instagram-Account veröffentlichten Stellungnahme schrieb Kugler, der Rechtsextremismusbericht enthalte „politische Agitation“ und lasse wissenschaftliche Redlichkeit vermissen. „Es ist ein Armutszeugnis, wenn ein linkes Narrativ offenbar das Hauptmotiv der Präsentation ist.“ Dass sie und weitere Parteikollegen der ÖVP, unter ihnen Jan Ledóchowski, Präsident der „Plattform Christdemokratie“, in dem Bericht erwähnt würden, sei „an Absurdität kaum zu überbieten“.
„Christliche und konservative Positionen sind weder rechts noch extrem!“
Unter Rechtskatholizismus wird in dem Bericht „das konservative bis reaktionäre, autoritäre und in Randbereichen rechtsextreme Spektrum des politischen Katholizismus“ gefasst. Kernanliegen dieses politischen Milieus seien „die Erweiterung des Einflusses der katholischen Kirche und deren Doktrin (in betont traditionalistischer Auslegung) auf den politischen Prozess und das öffentliche Leben“. Unter den Themen, die „Bündnisse zwischen Rechtskatholizismus und völkischem Rechtsextremismus“ begünstigten, listet der Bericht auch die Ablehnung von „Abtreibung, Feminismus, Homo- und Transsexuellenrechten“ sowie ein „Eintreten für heteronormative Familienverhältnisse, traditionelle Geschlechterrollen und eine rigide Sexualmoral“ auf.
Kugler weist die unterstellte Nähe zum Rechtsextremismus entschieden zurück: „Christliche und konservative Positionen sind weder rechts noch extrem!“ Politiker und Wähler rechts der SPÖ und Grünen in einen solchen Kontext zu stellen sei nicht nur rufschädigend, es „verharmlost vor allem den Rechtsextremismus und lässt Fragen zur Sinnhaftigkeit des ganzen Berichts aufkommen“.
Ledóchowski: „Unerträglich und unhistorisch"
Weiter schreibt die 48-Jährige: „Wir lehnen rechtsextremistisches Gedankengut ab. Dort, wo das Recht verletzt wird, insbesondere das Verbotsgesetz, muss mit aller Konsequenz gegen Rechtsextremismus vorgegangen werden.“ Darüber hinaus sei jeder angehalten, in seiner Organisation und seinem Einflussbereich dafür zu sorgen, dass rechtsextremistisches Gedankengut keinen Boden finde. „Mit solchem Gedankengut haben christliche und konservative Positionen aber nichts zu tun“, betont Kugler. Wer das behaupte, disqualifiziere sich selbst.
Auch Jan Ledóchowski verurteilte in einem Social-Media-Post die namentliche Nennung im Bericht des DÖW: Darin würden Begriffe wie „rechtsextrem und (rechts)katholisch" „auf unerträgliche und unhistorische Art und Weise" miteinander vermengt. „Es widert mich an", so der ÖVP-Politiker wörtlich. Seine Kritik am DÖW-Bericht macht Ledóchowski auch anhand seiner eigenen Biografie deutlich. „Der Vater meiner Großmutter wurde von den Nazis erschossen. Der Vater meines Großvaters war im KZ und wurde nicht zuletzt aufgrund des Einsatzes seiner halbjüdischen Frau entlassen. Der Onkel meines Großvaters überlebte hingegen einen der Todesmärsche aus dem KZ Großrosen kurz vor Kriegsende nicht. Ein weiterer Onkel wurde während des Krieges verhaftet, aber überlebte und wurde nach dem Krieg Nationalratsabgeordneter." Wenn „rechtskatholisch" zu sein bedeute, „auf der Seite des Rechts zu stehen und immer gegen das Unrecht einzustehen, vor allem dann, wenn es anderen Menschen ihr Recht auf Leben abspricht", dann trage er diese Bezeichnung mit Stolz, so Ledóchowski.
Auch Alexander Tschugguel erwähnt
Mehrmals Erwähnung findet in dem DÖW-Bericht auch der österreichische Aktivist Alexander Tschugguel. So heißt es beispielsweise, Tschugguel betreibe den Telegram-Kanal „Katholischer Widerstand“, der „auch zu Straßenaktionen aufruft und eine ,katholische Wehrhaftigkeit‘ sowie eine ,kämpfende Kirche‘ propagiert“. Jener Telegram-Kanal sowie das von Tschugguel geführte „St. Bonifatius Institut – Verein zum Erhalt der katholischen Tradition“ hätten zwischen Mai 2020 und Februar 2023 unter dem Titel „Rosenkranz für Österreich“ zu Gebets-Prozessionen mobilisiert – „und damit ihr Streben nach einer Rekatholisierung des öffentlichen Raums“ untermauert. DT/mlu
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