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§218: Kommission steht

Die 18 Experten sollen Ende März ihre Arbeit aufnehmen – Ihre Themen: § 218, Eizellspende und Leihmutterschaft.
Demonstrantin beim Protest gegen Paragraph 218
Foto: Christian-Ditsch.de via www.imago-images.de (www.imago-images.de)

Die Mitglieder der Kommission „reproduktive Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin“, auf deren Errichtung sich SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP in ihrem Koalitionsvertrag verständigt hatten, stehen fest. Das teilte das Bundesgesundheitsministerium (BMG) gestern über den Kurznachrichtendienst „Twitter“ mit. Wie es dort weiter hieß, werde die Kommission mit „18 Expertinnen und Experten aus den Bereichen, Ethik, Medizin, Verfassungsrecht, Familienrecht und Öffentliches Recht“ besetzt.

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Der dreiteilige Tweet, in dem keine Namen bekannt gegeben wurden, zitiert Bundesminister für Gesundheit Karl Lauterbach SPD mit den Worten: „Es geht um äußerst schwierige Fragen: ob ein #Schwangerschaftabbruch auch außerhalb der jetzt geltenden Gesetze möglich sein soll, ob #Eizellspenden legalisiert werden und ob wir #Leihmutterschaft erlauben.“ Ihm sei „bewusst, dass wir damit eine emotionsgeladene Diskussion anstoßen. Alle Seiten dabei mitzunehmen und dann zu einem gesellschaftlich respektierten Konsens zu kommen, ist das Ziel dieses Prozesses“, wird Lauterbach dort weiter zitiert.

Wenige Ethiker – Juristinnen dominieren die Kommission

Wie eine Sprecherin des BMG der „Tagespost“ auf Anfrage sagte, werde die „Kommission voraussichtlich Ende März ihre Arbeit aufnehmen“. Laut der Liste, die dieser Zeitung vorliegt, gehören der Kommission die Jura-Professorinnen Frauke Brosius-Gersdorf (Potsdam), Susanne Lilian Gössl (Bonn), Ute Sacksofsky (Frankfurt), Paulina Starski (Freiburg), Friederike Wapler (Mainz), Bettina Weißer (Köln), Maria Wersig (Hannover), Liane Wörner (Konstanz) sowie der Familienrechtler Tobias Helms (Marburg) und der Medizinrechtler Jochen Taupitz (Mannheim) an. Des Weiteren wurden die Sexualwissenschaftlerin Maika Böhm (Merseburg), die Gesundheitswissenschaftlerin und langjährige Vorsitzende des Bundesverbands „Pro Familia“ Daphne Hahn (Fulda), die Reproduktionsmedizinerin Katharina Hancke (Ulm), der Psychologe Bernhard Strauß (Jena) und die Perinatalmedizinerin Stephanie Wallwiener (Heidelberg) in die Kommission berufen. Mit von der Partie sind ferner die Biologin und Humangenetikerin Sigrid Graumann (Westfalen-Lippe), der Psychologe Bernhard Strauß (Jena) sowie die beiden Medizinethikerinnen Claudia Wiesemann (Göttingen) und Christiane Woopen (Bonn), ehemalige Vorsitzende des Deutschen Ethikrats.

SPD-Fraktion macht Druck

An der Besetzung der beim BMG angesiedelten Kommission waren auch die Bundesministerien für Justiz (BMJ) und für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) beteiligt. Während Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) unlängst noch vor „Vorfestlegungen“ gewarnt hatte, erhöht die SPD-Bundestagsfraktion bereits den Druck. So erklärte deren frauenpolitische Sprecherin, Leni Breymaier: „Frauen haben ein Recht auf Selbstbestimmung, auch auf reproduktive Selbstbestimmung. Dieses wollen wir stärken. Hierfür braucht es eine neue Diskussion über den § 218 StGB, der Schwangerschaftsabbrüche seit über 150 Jahren im Strafrecht regelt. Wir freuen uns, dass die Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin noch in diesem Quartal eingesetzt wird und auch Regulierungen von Schwangerschaftsabbrüchen außerhalb des Strafgesetzbuches prüfen wird. Wir haben diese Debatten in Deutschland über dreißig Jahre nicht öffentlich geführt. Es ist Zeit dafür.“ 

In der gemeinsamen Pressemitteilung ergänzte die stellvertretende rechtspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Carmen Wegge: „Wir begrüßen es sehr, dass sich jetzt ein plurales, fachkundiges Gremium diesem wichtigen Thema widmen wird. Diese Arbeit der Kommission werden wir eng begleiten. Aus unserer Sicht sollte die Regulierung von Schwangerschaftsabbrüchen nicht im Strafgesetzbuch geregelt werden. Der § 218 StGB belastet und stigmatisiert betroffene Frauen zusätzlich, sowie Ärztinnen und Ärzte.“

Mit Maria Wersig gehört auch die Vorsitzende des Deutschen Juristinnenbundes e.V. der Kommission an. Der hatte am 8. Dezember ein 19-seitiges Positionspapier mit dem Titel „Neues Regelungsmodell für den Schwangerschaftsabbruch“ veröffentlicht.  DT/reh

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