In Deutschland hat es seit dem Angriff der radikalislamischen Hamas auf Israel einen starken Anstieg von antisemitischen Vorfällen gegeben. Wie der Bundesverband der Recherche und Informationsstellen Antisemitismus (Rias) am Mittwoch in Berlin meldete, seien zwischen dem 7. und dem 15. Oktober 202 Taten dieser Natur dokumentiert worden.
Eine Bedrohung und sechs Angriffe
Die Zahlen seien knapp dreieinhalb Mal so hoch wie im gleichen Zeitraum des vergangenen Jahres. Nach Angaben des Bundesverbandes handele es sich in 91 Prozent der neuen Fälle um israelbezogenen Antisemitismus.
Eingeschlossen in die Zahl seien Veranstaltungen, bei denen Israel die Schuld an den jüngsten Massakern gegeben, antisemitischer Terror legitimiert und der Staat dämonisiert und delegitimiert worden sei. In 21 der dokumentierten Fälle seien Kundgebungen und Schweigeminuten gestört worden.
Abgesehen von verbalen Vorfällen sei es auch zu einem Fall von Bedrohung und sechs Angriffen gekommen. In 33 Fällen seien Israelflaggen an öffentlichen Einrichtungen entwendet oder beschädigt worden. Die Rias-Meldestellen erfassten in der letzten Woche zudem 15 antisemitische Vorfälle im Wohnumfeld von Betroffenen. So seien etwa Wohnhäuser mit Davidsternen beschmiert worden.
"Was wir derzeit erleben, ist schrecklich"
Auch Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Die Grünen) hatte am Mittwoch Versäumnisse bei der Bekämpfung von Antisemitismus eingestanden. Antisemitismus werde in Schulbüchern fast ausschließlich in Zusammenhang mit dem Holocaust erwähnt. Gegenwartsbezogene Beispiele, wie etwa ein auf Israel bezogener Antisemitismus, seien in den Lehrplänen hingegen wenig enthalten.
„Wir als Deutsche haben in den vergangenen Jahrzehnten zu wenig getan, um das zu aktualisieren. Da ist einiges nachzuholen“, entschuldigte sich die Ministerin in Berlin. Sie äußerte sich nach einem Treffen mit verschiedenen Netzwerken, die sich gegen Antisemitismus einsetzen.
„Was wir derzeit in Deutschland erleben, ist wirklich schrecklich“, betonte Paus. Vereinzelt gebe es zwar einige Projekte, die sich mit den weiteren Facetten des Antisemitismus befassten, dies müsse aber breiter verteilt werden. Statt einem Sicherheitsgefühl für Juden gebe es Anschläge auf jüdische Einrichtungen. Auch eskalierende pro-palästinensische Versammlungen, sowie Gewaltaufrufe gegen Juden und Jüdinnen seien „fatal“, so die Bundesfamilienministerin. DT/jmo
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