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Verhütung für alle!

Wirklich clever für einen Staat mit sinkender Geburtenrate. Wie wäre es stattdessen mit einem Schuss gesundem Natalismus?
Union und SPD wollen kostenlose Verhütungsmittel
Foto: Zahard via imago-images.de (www.imago-images.de) | Kostenlose Verhütungsmittel hätten, wenn überhaupt, nur einen geringen Einfluss auf die Abtreibungsrate. Was hingegen einen Einfluss darauf hat, ist Bildung – und hier wären wir bei einer Kernaufgabe des Staates.

Um es gleich vorneweg zu sagen: Jeder Mensch soll die Freiheit haben, selbst zu entscheiden, ob er Kinder bekommen möchte und wenn ja, wie viele. Aber ein Staat, der meint, es sei seine Aufgabe, das Entstehen zukünftiger Bürger zu verhindern, jedoch umgekehrt offenbar kein gesteigertes Interesse daran hat, sich wenigstens für die ins Zeug zu legen, die gerne Kinder hätten, ist schlicht suizidal. Suizidalität ist oft ein Zeichen von Depression und in ein depressives Klima will ja auch keiner Kinder hineingebären. So beißt sich die Katze in den Schwanz.

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CDU/CSU und SPD wollen also Verhütungsmittel krankenkassenfinanziert und damit wohl kostenlos zur Verfügung stellen. So jedenfalls liest sich die Zeile aus dem Verhandlungspapier der Arbeitsgruppe „Familie, Senioren, Frauen, Jugend und Demokratie“. Außerdem will man die Forschung und Entwicklung von Verhütungsmitteln für Männer fördern. Recht lapidar heißt es weiter, man wolle ungewollt kinderlose Paare unterstützen.

Lieber künstliche Befruchtung als Fruchtbarkeits-Forschung

Von Unterstützung der Forschung im Bereich Kinderlosigkeit ist aber keine Rede – dabei ist längst bekannt, dass viele Formen der Unfruchtbarkeit behandelbar sind. Aber anstatt die verzweifelten Wunsch-Eltern zum Beispiel in Richtung der Fertility Care-Kliniken zu orientieren, wo ihnen geholfen wird, ihre natürliche Fruchtbarkeit wieder herzustellen, schickt man sie lieber auf den steinigen, schmerzhaften und oft von Enttäuschung gekrönten Weg der künstlichen Befruchtung. Denn nichts anderes steckt hinter der Bundesinitiative „Hilfe und Unterstützung bei ungewollter Kinderlosigkeit“. Für den Sektor der Reproduktionsmedizin natürlich äußerst lukrativ. 

Zurück zur Verhütung. Gerne wird argumentiert, dass mehr Verhütung zu weniger Abtreibungen führe. Aber einmal davon abgesehen, dass sich dieser Zusammenhang statistisch gar nicht so leicht belegen lässt, ist vor allem dieses mechanische Denken das Problem: Verhütung rauf, Abtreibungen runter – als handele es sich hier um kommunizierende Röhren. Das ist schlicht falsch, denn der Mensch ist keine Maschine.

Verhütung rauf, Abtreibung runter? So leicht ist das nicht

Seit 2016 steigt die Zahl der Abtreibungen, obwohl die Zahl der gebärfähigen Frauen aus demografischen Gründen zurückgeht. An einer fehlenden Verfügbarkeit von Verhütungsmitteln kann es nicht liegen. Tatsächlich verwenden zwar immer weniger Frauen die Pille – aus gesundheitlichen, nicht aus finanziellen Gründen –, aber parallel stieg die Zahl der Sexualpartner, die mit Kondomen verhüten. Es gibt tausend Gründe, warum sich Menschen entscheiden, nicht zu verhüten – Geld ist maximal einer davon. Und: Kein Verhütungsmittel „schützt“ 100-prozentig vor Schwangerschaften, vor allem dann nicht, wenn sie nicht korrekt oder regelmäßig genug angewandt werden. In Frankreich berichten übrigens Frauenärzte davon, dass Abtreibung in bestimmten Schichten längst zur neuen Verhütung geworden ist, obwohl dort Verhütungsmittel für Menschen unter 25 kostenlos sind.

Kostenlose Verhütungsmittel hätten also, wenn überhaupt, nur einen geringen Einfluss auf die Abtreibungsrate. Was hingegen einen Einfluss darauf hat, ist Bildung – und hier wären wir bei einer Kernaufgabe des Staates, die er in diesem Punkt nur höchst ungenügend wahrnimmt. Denn in der Schule lernt man bereits mit zehn oder zwölf, Kondome über Karotten zu ziehen, aber über die lückenhafte Sicherheit von Verhütungsmitteln und die genaue Funktion des weiblichen Zyklus erfährt man so gut wie gar nichts.

Vorschlag entpuppt fragwürdiges Menschenbild

Ginge es im Schulunterricht wirklich um das Erlernen eines verantwortlichen Umgangs mit der eigenen Sexualität, wäre es doch das Mindeste, auch über die natürlichen Methoden der Familienplanung zu informieren, die, richtig angewandt, sowohl sicher als auch ökologisch nachhaltig sind und im Übrigen die Libido fördern. Auf die Verteilung von kostenlosen Verhütungsmitteln statt auf Bildung zu setzen lässt hingegen auf ein reichlich fragwürdiges Menschenbild schließen, das mit Freiheit und Respekt wenig zu tun hat. 

Das eigentliche Problem ist natürlich ein völlig anderes, denn Abtreibung und Verhütung sind enge Verwandte: Hinter beiden steht die Idee, dass das Kind etwas ist, was es zu vermeiden gilt. Wenn beides staatlicherseits als „Gesundheitsversorgung“ verkauft wird, dann lautet die Botschaft: Fruchtbarkeit und Schwangerschaft sind etwas Krankhaftes.

Was es daher eigentlich braucht, ist ein grundlegender Sinneswandel: Kinder sind Geschenk, Bereicherung, Hoffnung auf eine bessere Zukunft. Dazu bräuchte es natürlich auch eine Gesellschaft, die Kinder freudig willkommen heißt, anstatt sie als latente Störenfriede wahrzunehmen, die die Erwerbsfähigen nur vom Arbeiten abhält und Krach in die Friedhofsruhe einer alternden Republik bringen. 

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