Besorgte Eltern sollen zukünftig eine selbstdiagnostizierte Transidentität ihres Kindes nicht mehr ungestraft anzweifeln, geschweige denn, sich der Transition ihres Kindes widersetzen dürfen. Das fordert ein Kollektiv von LGBT-Organisationen in einem am Montag veröffentlichten Papier von der Politik. In dem Forderungskatalog rufen die Unterzeichner die Bundesregierung dazu auf, ihr Versprechen aus dem Koalitionsvertrag einzulösen, das „Gesetz zum Schutz vor Konversionsbehandlungen“ zu verschärfen.
Das Gesetz von 2020 bezieht sich auf „Behandlungen, die auf die Veränderung oder Unterdrückung der sexuellen Orientierung oder der selbstempfundenen geschlechtlichen Identität gerichtet sind“. Sogenannte Konversionsbehandlungen sind bei Minderjährigen und – in bestimmten Fällen – bei Erwachsenen verboten. Eine Strafausnahme besteht jedoch für Personen, „die als Fürsorge- oder Erziehungsberechtigte handeln, sofern sie durch die Tat nicht ihre Fürsorge- oder Erziehungspflicht gröblich verletzen“.
Elternrechte würden beschränkt
Eltern, die nicht akzeptieren wollen, wenn beispielsweise ihre minderjährige Tochter für sich eine männliche Geschlechtsidentität beansprucht, dürfen dies bisher ungestraft tun. Das Papier, das neben rund 20 Organisationen wie der Deutschen Gesellschaft für Transidentität und Intersexualität e.V. (dgti) und dem Bundesverband Trans* e.V. (BVT*) auch die Ökumenische Arbeitsgruppe Homosexuelle und Kirche (HuK) e. V. unterschrieben hat, möchte nun nicht nur die Strafausnahme für Fürsorge- und Erziehungsberechtigte ersatzlos streichen und Konversionsbehandlungen unabhängig vom Alter der Person verbieten. Sie zielt auch auf eine Ersetzung des Begriffs „Behandlung“ durch „Maßnahme“. Andernfalls drohe „eine Umgehung des Verbots durch subversivere und vermeintlich „ergebnisoffene“ Maßnahmen“.
Worauf eine Umsetzung dieser Forderungen hinauslaufen würde: Psychotherapeuten und Psychologen, die die Selbstdiagnose „trans“ nicht rückhaltlos bejahen und den Patienten flugs zum Endokrinologen weiterreichen, sondern stattdessen dem Unwohlsein des Patienten im eigenen Körper zunächst auf den Grund gehen wollen, würden sich künftig strafbar machen. Schon jetzt schweben Psychotherapeuten, die auf Psychotherapie statt Hormongaben setzen, in der Angst, unter das Gesetz zum Schutz vor Konversionsbehandlungen zu fallen. Dabei geben ihnen Studien recht, die nicht nur auf die hohe Komorbiditätsrate bei jugendlicher Geschlechtsdysphorie hinweisen (Autismus, Depressionen, Angststörungen), sondern auch, dass sich Jugendliche, deren Wunsch nach einer Transition mit Psychotherapie statt Pubertätsblockern behandelt wird, erwiesenermaßen im Erwachsenenalter zu bis zu 90 Prozent mit ihrem Geburtsgeschlecht aussöhnen.
Keine Rücksicht auf Folgen
Besondere Brisanz erhält das Papier in Zusammenhang mit den Vorwürfen, die vor Kurzem gegen den Weltverband für Transgender-Gesundheit (WPATH) laut wurden, dessen Behandlungsrichtlinien weltweit als Grundlage für die „affirmative“ Behandlung von Patienten mit Geschlechtsdysphorie dienen. Unter affirmativer, also bejahender Behandlung von Patienten, die sich einem anderen Geschlecht als ihrem biologischen zugehörig fühlen, versteht man die Behandlung mit Pubertätsblockern, gegengeschlechtlichen Hormonen bis hin zu operativen Eingriffen. Anfang März legten geleakte interne Informationen nahe, dass WPATH-Mitglieder keine Rücksicht auf die langfristigen Folgen der sogenannten „affirmativen Behandlung“ für die Patienten nehmen, obwohl sie sich der schwächenden und potenziell tödlichen Nebenwirkungen von geschlechtsübergreifenden Hormonen und anderen Behandlungen bewusst sind. DT/fha
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