Wenn Regierungen, Gesundheitsbehörden und die Zivilgesellschaft mit den Religionsgemeinschaften eine Zusammenarbeit suchen, die den Glauben der Menschen respektiert, könnte das Bevölkerungswachstum in Westafrika mittelfristig verlangsamt werden. Das geht aus einer Studie hervor, die das Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung und die Konrad-Adenauer-Stiftung am Donnerstag in einer mehrsprachigen Onlineveranstaltung vorgestellt haben.
Westafrikas Einwohnerzahl könnte sich bis 2050 verdoppeln
Die Studie mit dem Titel „Glaube in Aktion – wie religiöse Organisationen den demographischen Wandel voranbringen“ untersucht die Rolle von Religionsgemeinschaften auf den demographischen Wandel in 16 westafrikanischen Ländern. Laut Prognosen wird sich die Einwohnerzahl der Region bis 2050 von 402 Millionen auf 797 Millionen fast verdoppeln.
Catherina Hinz, Direktorin des Berlin-Instituts für Bevölkerung und Entwicklung, erklärte: „Priester, Imame und Autoritäten indigener Gemeinschaften können fortschrittliche Lesarten ihrer heiligen Texte oder Mythen vor Ort bekannt machen und für bessere Lebensbedingungen eintreten. Schließlich wissen sie von den Realitäten in ihren Gemeinden, von Armut, Arbeitslosigkeit und ungewollten Schwangerschaften bei Teenagern.“
Der senegalesische Bischof André Gueye betonte in der anschließenden Podiumsdiskussion, die katholische Kirche sehe das Leben als Geschenk Gottes an. Der Bischof der Großstadt Thies stammt selbst aus einer Familie mit acht Kindern. Er versuche, den Eltern die große Verantwortung für ihre Kinder zu verdeutlichen, die sie auf allen Ebenen für sie hätten. „Die Kinderzahl muss an die Mittel angepasst sein, die für den Lebensunterhalt zur Verfügung stehen“, sagte Gueye. Bei der Ehevorbereitung spreche man mit den Paaren über die verantwortete Elternschaft, die dem Wohl der Kinder und der Gesundheit der Mutter diene, und biete Schulungen in natürlicher Empfängnisregelung an. Künstliche Mittel der Verhütung lehnte Gueye ab. Er mahnte, ausländische Akteure müssten die Mentalität der Bevölkerung verstehen anstatt Kondome zu verteilen.
Religiöse Autoritäten genießen hohes Ansehen
Religiöse Autoritäten und Organisationen genössen in Westafrika ein hohes Ansehen, da die meisten Menschen dort einer Religionsgemeinschaft zugehören, so die Studie. Daher sei auch bei sensiblen Themen wie der Familiengröße oder der Sexualität die Meinung von Imam oder Priester gefragt. Die Studie hat überprüft, inwiefern religiöse Organisationen in demographierelevanten Bereichen wie Geschlechtergerechtigkeit, Familienplanung und Sexualität aktiv sind und wie säkulare Partner mit ihnen zusammenarbeiten könnten. Sie kam zu dem Ergebnis, dass in vielen westafrikanischen Ländern religiöse Organisationen, Netzwerke sowie einzelne Geistliche durch ihr Engagement für die Bildung von Mädchen oder den Austausch über unterschiedliche Lösungsansätze tatsächlich Einfluss auf die Bevölkerungsentwicklung nehmen. DT/chu
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