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„Was wird mir denn vorgeworfen? Großkapitalistin zu sein?“

Eines ist Gloria von Thurn und Taxis nie: langweilig. Nun spricht sie über den Brand ihres Jagdschlosses, den Mord an Charlie Kirk, Mutterfreuden und den Wert der freien Rede.
Gloria von Thurn und Taxis
Foto: IMAGO/Manfred Segerer (www.imago-images.de) | Nie langweilig: Gloria von Thurn und Taxis, hier bei den Salzburger Festspielen 2025.

Durchlaucht, hat die Nachricht, dass die Polizei im Zusammenhang mit dem Anschlag auf Ihr Jagdschloss ein Bekennerschreiben der Antifa prüft, Sie überrascht?

Es besteht die große Hoffnung, dass es keine Brandstiftung war. Sollte das Bekennerschreiben eine Fälschung sein, ist es dennoch erschütternd. Was wird mir denn vorgeworfen? Großkapitalistin zu sein? Das ist schon mal falsch, denn das Großkapital liegt in den Händen von Leuten, die längst außerhalb des deutschen Steuersystems leben. Gegen die Abtreibung und für das Leben zu sein, ist ein Vorwurf, der immer wieder kommt. In einer Gesellschaft, deren Reproduktionsrate unterhalb der Bestandhaltungsrate von 2,5 liegt, ist es doch total bescheuert, weiter den eigenen Nachwuchs zu töten, statt Paaren, die sich fortpflanzen möchten, finanziell zu helfen. Fürst Thurn und Taxis und seine Familie waren gerade wegen ihres praktizierten katholischen Glaubens keine Nazis. Fürst Karl August, der Vater meines Mannes, saß sogar wegen streng verbotenem BBC-Radio-Hörens im Gefängnis in Landshut. Ein Mitarbeiter, der Nazi war, hatte ihn angezeigt. Die Vorwürfe sind dermaßen an den Haaren herbeigezogen, dass offensichtlich wird, dass die Linken künstlich Feindbilder erzeugen, um die Menschen zu spalten. Wer seit 100 Jahren die Ärmsten der Stadt mit einer warmen Mahlzeit verpflegt, wird wohl kaum ein menschenverachtender Kapitalist sein.

Seit Wochen diskutiert die Öffentlichkeit über Charlie Kirk und den „Kampf gegen rechts“. Wie wirkt es auf Sie, wenn gläubige Christen dem Verstorbenen posthum attestieren, er sei rechtsextrem gewesen?

Charlie war ein evangelikaler Prediger aus bester amerikanischer Tradition. Wer dieses Genre kennt, weiß, dass er kein Rechtsextremer war, sondern ein auf konservative Werte wertlegender Christ. Das Adjektiv rechtsextrem wird heute jedem angehängt, der nicht zum Berliner Mainstream gehört. Wahrscheinlich hatte man Angst, dass er das Zeug hatte, um einmal US-Präsident zu werden.

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Sie beschreiben in Ihrem Buch, dass Sie als junge Frau Muttersein als Erfüllung erlebt haben. Was raten Sie jungen Frauen in einer Gesellschaft, die Kinderkriegen als berufliche Sackgasse oder Doppelbelastung betrachtet?

Ja, natürlich, es ist wunderschön, Mutter zu sein, es ist der Natur nahe und damit die natürlichste körperliche und geistige Erfüllung einer Frau. Allerdings braucht man dafür Unterstützung, und diese wird einem in der Kultur des Todes, in der wir nun mal leider leben, nicht gewährt. Wir steuern gerade auf dessen Höhepunkt zu, nämlich einem Atomkrieg. Während man die Menschen mit fern liegenden Ängsten eines Klimanotstandes ablenkt, wird die Zerstörung des Planeten durch Krieg vorbereitet.

Inwieweit taugt der Adel heute noch als Vorbild? Die Königshäuser in Norwegen, England und Spanien scheinen ein Problem mit ihren Sprösslingen zu haben…

Leider leben wir in einer völlig dekadenten Welt. Keiner will der Realität ins Auge sehen. Man läuft irgendwelchen Chimären nach, ob Klimakleber, LGBTQ+-Prozessionen und was es sonst noch für Ablenkungsmanöver gibt. Der Adel ist davon nicht ausgenommen, schließlich sind sie ja auch Teil der Gesellschaft und damit dem Zeitgeist unterworfen. Das gilt auch für die Kirche.

Ihre drei Kinder sind bisher skandalfrei durchs Promileben gekommen. Haben Sie einen Erziehungstipp?

Hahaha, ich habe einfach Glück gehabt mit meinen Kindern. Aber Spaß beiseite, das Wichtigste ist, Zeit mit Kindern zu verbringen. Das geht nicht ohne Unterstützung, die junge Paare aber nicht bekommen. Stattdessen wird unser Geld in alle Welt verteilt und die Förderung unserer eigenen Bevölkerung wird sträflich vernachlässigt. Wenn beide Eltern arbeiten gehen müssen, wird die Erziehung an staatliche Stellen delegiert. Abgesehen davon, dass dies wesentlich teurer kommt, ist das Resultat schlecht. Jeder Dritte ist heute depressiv oder nimmt Drogen. Psychologische Betreuung ist ein rasant wachsender Zweig, der von der Allgemeinheit bezahlt werden muss.

In Ihrem Salon kommen Menschen aus unterschiedlichen Berufen zusammen: Politiker, Priester, Schriftsteller, Unternehmer, Künstler, Journalisten. Können Sie die Geister dadurch etwas freier und mutiger machen (und das vielleicht an einer Episode veranschaulichen)?

Der größte Teil derer, die bei uns zusammenkommen, sind vernünftig denkende Menschen aus verschiedensten Milieus. Wir sind nur alle dem Mainstream ausgesetzt, und es erfordert viel Kraft, gegen den Strom zu schwimmen und selbständig zu denken.

In Ihrem aktuellen Buch kritisieren Sie die Cancel Culture, die keine vom Mainstream abweichenden Meinungen duldet. Was immunisiert Ihrer Beobachtung nach am effizientesten dagegen?

Am besten ist es, sich mit älteren Leuten, zum Beispiel auch den Großeltern, zu unterhalten. Die haben viel erlebt und sind als Ratgeber ideal.

„Es ist wie bei einem menschlichen Organismus. Wenn man die Probleme, die der Körper meldet, missachtet oder sogar durch Raubbau betreibt, kommt es zur Krise, die tödlich enden kann.“

Die Kirche hat sich vor allem in der Pandemie den Vorwurf der Staatsgläubigkeit eingehandelt. Wo erleben Sie eine unangepasste Kirche, die sich traut, Salz der Erde zu sein?

Die Kirche hatte zu allen Zeiten das Problem, sich gegen die Irrlehren der jeweiligen Zeit zu wappnen. Denken Sie nur an die Zeiten der Manichäer, Arianer, Pelagianer und Jansenisten, alles Irrlehren, die zu ihren Zeiten modern waren und es irgendwie auch heute noch sind. Viele Kirchenfürsten sind heute ebenfalls nicht immun gegen die aktuell herrschenden Häresien. Der Pantheismus und die Kultur des Todes sind eben für viele attraktiv, weil sie dem Individuum vorgaukeln, dadurch freier zu sein. Das Gegenteil stimmt.

Wie erklären Sie jemandem, dass das Leiden an der Cancel Culture kein Luxusproblem ist in Zeiten, in denen sich die Menschen über Gaza und Kriegsdrohungen entsetzen?

Es gibt echte Gefahren, denen wir ausgesetzt sind, und es gibt Zerstreuungsmanöver, um die Menschen von den echten Gefahren abzulenken. Gaza ist ein echter Krieg. Der konnte nur entstehen, weil man die Vorbereitungen dazu nicht ernst genug bekämpft hat. Es ist wie bei einem menschlichen Organismus. Wenn man die Probleme, die der Körper meldet, missachtet oder sogar durch Raubbau betreibt, kommt es zur Krise, die tödlich enden kann.

Sie haben als Gastgeberin mehrmals sogenannte umstrittene Gäste in Regensburg empfangen: Alice Weidel und Viktor Orbán beispielsweise. Hat es sich aus Ihrer Sicht rückblickend gelohnt und Sie selbst menschlich bereichert?

Jeder Mensch lohnt sich, aus jeder Begegnung kann man lernen. Wichtig ist es, sich aus der eigenen Blase zu befreien und Menschen zu treffen, die andere Ideen oder neue Impulse setzen können. Menschen, die auf Probleme aufmerksam machen, die man vielleicht nicht auf dem Radar hatte. Dabei muss man natürlich die Gesetzestreue beachten, aber in dem Rahmen, den das Gesetz zulässt, darf und sollte man sich frei bewegen und sich nicht von unnötigen Konventionen einschränken lassen.

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