Springer ist nicht nur irgendein Verlag. Denn Springer fordert Bekenntnisse ein. Der Verlag veröffentlicht nicht nur irgendwelche Medienprodukte, er steht für ein inhaltliches Programm. Das polarisierte und es polarisiert bis heute. Seit den Tagen der 68er, als Axel Springer für die jungen Revolutionäre zum Feindbild Nummer eins avancierte, bis heute, wo Springer mit seinem Bekenntnis zur Freundschaft zu Israel, zur Sozialen Marktwirtschaft und zur transatlantischen Freundschaft vielen ein Dorn im Auge geworden ist.
Springer ist eben nicht nur ein Wirtschaftsunternehmen, sondern ist eine Marke der politischen Kultur. An dem Narrativ, was der „freie Westen“ denn sein soll, hat Springer mitgeschrieben. Und das wirkt über Deutschland hinaus. Mathias Döpfner, der als Vorstandsvorsitzender den Konzern so geprägt hat wie niemand sonst seit seinem Gründer, hat ein ehrgeiziges Ziel ausgegeben: Springer solle zum „führenden transatlantischen digitalen Medienunternehmen in der demokratischen Welt“ werden, schreibt er nun in einem Brief an seine Mitarbeiter.
Den Bedürfnissen der digitalen Welt angepasst
Und die erste Etappe in diese Richtung ist für Döpfner auch schon erreicht: Der Konzern strukturiert sich um. In den vergangenen Jahren hatte sich Springer sehr erfolgreich nicht nur auf das Mediengeschäft beschränkt, sondern vor allem seine Angebote auf dem Anzeigenmarkt den Bedürfnissen der digitalen Welt angepasst und erfolgreich ausgebaut.
Nun spaltet sich der Konzern auf. Springer selbst konzentriert sich wieder auf sein Mediengeschäft, während die Investoren KKR, eine weltweite Investmentgesellschaft, und CPP, ein kanadischer Pensionsfonds, aus dem Unternehmen ausscheiden und im Gegenzug dafür die Mehrheit im digitalen Rubrikengeschäft übernehmen. Dazu gehören vor allem das Jobportal „Stepstone“ und die Aviv-Unternehmensgruppe mit den Immobilienportalen „Seloger“ oder „Immowelt“.
Das Mediengeschäft liege nun wieder ganz in Familienhand, so Döpfner. Er und Friede Springer halten als Aktionäre 98 Prozent des Unternehmens, zwei Prozent gehören Axels Enkel Axel Sven Springer. Döpfners Siegesfanfare dazu: „Axel Springer ist wieder Axel Springer.“ Interessant ist dabei, dass Döpfner ganz selbstverständlich mit zur Familie gerechnet wird. Das hängt damit zusammen, dass Döpfner, seit er vor über zwei Jahrzehnten von Friede Springer an der Spitze des Konzerns installiert worden ist, sich immer als Gralshüter des Erbes des Gründers inszeniert hat.
Springer und Döpfner verbindet viel
Und in der Tat, vieles verbindet die beiden Männer. Da ist zunächst einmal das große publizistische Gespür für Trends und für Themen – es ist für Verleger unverzichtbar, aber bei weitem nicht selbstverständlich. Dann gehört dazu auch die missionarische Leidenschaft. Springer wie Döpfner ging es nie nur darum, einfach bloß Geld zu verdienen. Beide wollen auch die Gesellschaft prägen, Politik machen. Zu Springer gehört der wache Sinn für die Gefahren, die von totalitären Ideologien ausgehen, seien sie nun rechts oder links.
Im Springerschen Wertekosmos steht die Freiheit ganz oben. Axel Springer wurde zur publizistischen Stimme für die Freiheit der Menschen hinter dem Eisernen Vorhang. Dabei wurzelte der große Sinnsucher, der am Ende seinen Frieden in einem vor allem mystisch erfahrenen Christentum fand, tief in der deutschen Geistesgeschichte, ein bisschen Goethe, ein bisschen Ernst Moritz Arndt, ganz nach Bedarf.
Döpfner hingegen ist ganz ein Kind des freien Westen der Nachkriegszeit. Wem hier seine große Verehrung gilt, zeigte er durch ein Interview mit Henry Kissinger zu dessen 100. Geburtstag. Die Bindung zu Israel ist ihm, wie auch schon Springer, ein echtes Herzensanliegen. Das zeigte sich vor allem in den Wochen nach dem 7. Oktober. Wenn er das Springer-Programm nun auch weltweit stärker positionieren will, ist dies nur konsequent.
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