Von „Gala“ bis Taz: Über mangelnde Medienresonanz kann sich Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU) in diesen Tagen nicht beklagen. Während der Boulevard vor allem ihre neue Liebesbeziehung zu Quizmaster Jörg Pilawa umtreibt (sie wurde interessanterweise aus dem Freundeskreis der beiden gegenüber der Deutschen Presse-Agentur bestätigt, nicht von den Protagonisten selbst), konzentriert sich der Rest der Branche auf ihren Auftritt beim Sommerfest der Koblenzer CDU. Und das lag am Ort. Die Christdemokraten waren nämlich zu Gast auf dem Gelände des Unternehmens Compugroup Medical. Und dessen Gründer ist wiederum Frank Gotthardt, der Hauptfinanzier des Portals „Nius“. Das steht schon seit längerer Zeit unter verstärkter linker Beobachtung. Denn die Tendenz des Mediums ist rechts, der ehemalige „Bild“-Chef Julian Reichelt ist so etwas wie das Gesicht des Portals.
Schon im Vorfeld wurde Klöckner aufgefordert, nicht an dem Fest teilzunehmen. Es wurden sogar Petitionen im Netz gestartet, die ihren Rücktritt forderten. Aber Klöckner blieb standhaft. Und in einer Rede hat sie nun noch einen draufgelegt und festgestellt, die linke Taz und „Nius“ seien sich in ihrer Methodik „nicht so sehr unähnlich“. Das müsse man in einer Demokratie aushalten können. Und auch noch wichtig: Sie kritisiere beide Medien, werde aber weder gegen die Finanziers der Taz noch gegen Gotthardt ankämpfen.
Medienpluralismus? Nicht beim Deutschen Journalisten-Verband
Heißt: Aus Sicht von Klöckner gibt es genauso Medien mit rechter wie mit linker Tendenz, und das gelte es zu akzeptieren. Nun könnte man ja denken, dass der „Deutsche Journalisten-Verband“ (DJV) so ein Bekenntnis zum Medienpluralismus begrüßen würde. Dem ist aber nicht so. Denn für die Funktionäre dort, sie sind aber in gewisser Weise repräsentativ für linke oder linksliberale Kollegen, ist „Nius“ nicht bloß irgendein Medium, sondern so etwas wie der Leibhaftige. Nicht irgendein Mitbewerber, sondern der Feind.
„Frau Klöckner blendet dabei völlig aus, dass Nius entscheidenden Anteil an der Schmutzkampagne gegen die Juristin Frauke Brosius-Gersdorf hatte und – anders als die taz – auf journalistische Standards zu pfeifen scheint, wenn die rechtspopulistische Agenda dies verlangt“, sagt der DJV-Vorsitzende Mike Beuster. Und Heidi Reichinnek von der Linkspartei fordert gar Klöckners Rücktritt. Diese verharmlose „rechte Hetze und Desinformation“. Das sei schon für eine Bundestagsabgeordnete hochproblematisch, bei einer Bundestagspräsidentin aber unerträglich.
Hier wird auf die Neutralitätspflicht der Bundestagspräsidentin angespielt. Klöckner selbst hatte die Neutralität des Parlamentes als Institution hervorgehoben, als sie einer Fußgruppe von Bundestagsmitarbeitern untersagt hatte, beim CSD in Berlin mitzumarschieren.
Aber diese Neutralität hat Klöckner nicht verletzt. Sie hat ja nicht im Namen des Bundestages gesprochen, sondern als einfache Politikerin. Und davon unabhängig: Man mag die Art und Weise, wie „Nius“ seine Themen aufbereitet, nicht mögen, für zu reißerisch halten, aber solange die Fakten stimmen, darf ein Medium in seiner Freiheit nicht eingeschränkt werden, diese Fakten zu präsentieren und zu kommentieren. Das ist Pluralismus.
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