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Norbert Himmler ist neuer Chef der Mainzelmännchen

Norbert Himmler ist neuer Chef der Mainzelmännchen. Ein Rückblick auf den Werdegang des neuen Intendanten und ein Ausblick auf die dringend notwendigen, weiteren Entwicklungen des Senders.
Norbert Himmler
Foto: dpa/ZDF | ZDF-Programmchef Norbert Himmler spricht auf der Fernsehratssitzung zur Wahl des neuen Intendanten. Er wurde im dritten Wahlgang zum neuen Intendanten des Mainzer Senders gewählt.

Der sechste Intendant des ZDF steht fest. Es wird Norbert Himmler, der am vergangenen Freitag vom Fernsehrat des ZDF im dritten Wahlgang gewählt wurde. Der sogenannte „schwarze Freundeskreis“ im Fernsehrat hatte sich durgesetzt. Seine Gegenkandidatin, Tina Hassel, vom entgegengesetzten „roten Freundeskreis“ bevorzugte Bewerberin, die dem künftigen Intendanten in den ersten beiden Wahlgängen einen nur äußerst knappen Vorsprung der Stimmen bescherte, gab vor dem dritten Wahlgang auf. Mit 57 von 60 anwesenden Fernsehräten war die Entscheidung am Ende klar. Der bisherige Programmdirektor wird neuer Intendant. Damit setzt sich beim ZDF eine Tradition fort. Auch der Vorgänger im Amt des Intendanten, Thomas Bellut, war vorher Programmdirektor gewesen, dessen Vorgänger ebenso. Der Kronprinz besteigt auch bei diesem Wechsel am Ende den Thron.

Die offensichtliche politische Zweiteilung im Fernsehrat ist in einer Zeit, in der die öffentlich-rechtlichen Sender nicht zu Unrecht im Ruf stehen, politisch irgendwo zwischen rot, dunkelrot und grün dominiert zu sein, nichts als ein anachronistisches Relikt aus seligen Zeiten der Bonner Republik. In Mainz hat es sich erhalten. Nicht nur in dieser Hinsicht sind die öffentlich-rechtlichen Sender in ihrer eigenen Vergangenheit gefangen. Den neuen Kandidaten irgendwie als konservativ zu verorten, obwohl er der schwarze Kandidat war, dürfte blauäugig sein.

„Seichte Unterhaltung, teure Fußballübertragungen
und die Pflicht zu Information und Grundversorgung,
das ist das Spannungsfeld“

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Norbert Himmler ist Jahrgang 1971. Er ist nicht nur am Sitz des Senders, in Mainz, geboren, er hat zudem seine komplette bisherige Laufbahn beim ZDF absolviert. Nach Studium der Germanistik und Politikwissenschaften sowie einer Promotion begann der künftige Intendant zunächst 1997 als freier Mitarbeiter. Es folgte ab 1998 ein Volontariat beim Sender. Nach ersten Stationen unter anderem beim Länderspiegel wurde er 2002 Programmreferent des ZDF-Chefredakteurs. Es folgte 2008 die Stelle als Leiter des Programmbereichs „Spielfilm“. Im Jahr 2012 stieg er zum Programmdirektor auf. Sein Amt als Intendant tritt Himmler im März 2022 an.

Versuche den jetzt neuen Intendanten zu anderen Sendern zu locken, gab es viele. Himmler blieb den öffentlich-rechtlichen treu. Er brenne für dieses Haus, sagte er jüngst dem Handelsblatt. Nun steht er an dessen Spitze.

Sicherheit durch garantierte Gebühren

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Das ZDF gehört zu den Sendeanstalten, die gerade im Fokus der Öffentlichkeit stehen. Es stellt sich gesellschaftlich die Frage nach dem Auftrag der öffentlich-rechtlichen Sender. Seichte Unterhaltung, teure Fußballübertragungen und die Pflicht zu Information und Grundversorgung, das ist das Spannungsfeld, in dem sich alle öffentlich-rechtlichen Sender bewegen. Ist ein Senderapparat wie das ZDF mit seinen zahlreichen Spartenkanälen, den aufwendigen Produktionen, einer Mediathek und vielgestaltiger Internetpräsenz überhaupt noch angemessen?

Jahr für Jahr fließen rund acht Milliarden Euro Rundfunkgebühren, die als Beiträge mühsam schöngeredet werden in die Kassen des Senders. Die Gier der Sender nach immer mehr Beiträgen erlitt erst jüngst einen Dämpfer, als die Landesregierung in Sachsen-Anhalt die Erhöhung stoppte. Jetzt ist die Debatte um die gebührenfinanzierten Sender in vollem Gange. Fakt ist, die geplanten 150 Millionen Euro Mehreinahmen aus der Erhöhung entfallen vorerst. Der neue Intendant wird damit umgehen müssen. Er wird seine Rolle und die seines Senders in der Welt der neuen Medien und der Streamingdienste finden müssen. Kann ein lineares Fernsehprogramm in einer digitalen Welt überhaupt noch sinnvoll sein? Die Nachrichten sind das beste Beispiel, wie sehr das Pantoffelkino aus der Zeit gefallen ist.

Richtungsweisen: Himmler fördert Böhmermann

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Die einst mit nüchterner Stimme um 20 Uhr vorgetragene Meldung hat der heutige Nachrichtenkonsument schon mittags im Internet gelesen. Die Nachricht einzuordnen, ist der richtige Ausweg. Dabei eine nur noch rot-grün changierende Brille zu tragen, kann nicht Bestandteil der Grundversorgung sein. Das ist inakzeptabler Belehrungsjournalismus. Zwar redete der neugewählte Intendant in seiner Bewerbungsrede viel von mehr Diversität, doch die Diktion lässt erkennen, in welche Richtung es geht. Die Dominanz des Partizip Präsens vor dem generischen Maskulinum und Codewörter wie „Vielfalt“ lassen die Stoßrichtung erkennen. In Himmlers Zeit als Programmdirektor fiel das Ende von „Wetten, dass..?“. Auf Himmler geht die Gründung des Spartensender ZDFneo zurück. Ferner holte er Jan Böhmermann zum ZDF und förderte ihn, indem er ihn ins Hauptprogramm holte. Dass Böhmermanns Gönner nun Intendant wird, dürfte dessen Rolle im ZDF weiter stärken. Ob mehr Spartenprogramme und mehr Comedy nun die Zukunft des Senders sind, wird sich zeigen.

Auf den deutschen Fernsehmarkt kommen harte Umbrüche zu. International ist das schon abzusehen sind. Fernsehen ist längst nicht mehr eine Domäne abgezählter Rundfunkanstalten. Der Springer-Konzern legt mit seinem Schlachtschiff BILD gerade ein neues 24/4 – Programm auf. Die Jugend ist längst mehr auf Youtube, TicToc und Co unterwegs. Für den Spielfilm hat man den Streamingdienst seiner Wahl abonniert. Der wirtschaftliche Druck ist nur deswegen abgemildert, weil die Anstalten öffentlichen Rechts mit zwangsweise erhobenen Gebühren abgesichert sind. Am Markt hätte auch ein ZDF schon lange keine realistische Chance mehr. Derzeit wird auf Länderebene von den Ministerpräsidenten eine Novelle des Medienstaatsvertrags diskutiert. Es geht um die Befugnisse der Öffentlich-Rechtlichen, die neu geregelt werden sollen. Die Schlachtschiffe ARD und ZDF sollen in der Lage sein, flexibler und vor allem schneller als bisher auf die Anforderungen des Fernsehmarkts reagieren zu können. Die digitale Welt verlangt ein anderes Fernsehen. Angebote müssen ihren Weg ins Netz finden können. Darüber hinaus geht es weiterhin um Sparen im System der öffentlich-rechtlichen Anstalten.

Vor- und Nachteil: Er kommt aus dem System

Himmler kann neue Kanäle aufbauen, das hat er mit ZDF Neo bewiesen. Es gilt darüber hinaus Synergien zu nutzen. Ein Beispiel ist die anfanghaft angeregte Vernetzung der Mediatheken von ARD und ZDF. Warum jeder Sender im öffentlich-rechtlichen System seine eigene Infrastruktur nicht nur im Bereich der Mediathek aufrechterhalten soll, ist begründungspflichtig. Auch hier ist Himmler auf der richtigen Spur. Der Neue kommt aus dem System. Der Vorteil ist, er kennt den Laden. Das ist zugleich ein Nachteil. Ein Blick von außen bringt manchmal etwas mehr Frische. Da wäre die Konkurrentin allerdings bei allen Versuchen, mit einem eigenen Profil ins Rennen zu gehen, eben auch nur eine Vertreterin des öffentlich-rechtlichen Systems gewesen.

Am Ende wird es für den neuen Intendanten nicht darum gehen, das öffentlich-rechtliche Fernsehen an private neue Medien anzugleichen. Sollte das öffentlich-rechtliche System eine Überlebenschance haben, dann gilt es, diesem ein eigenes Profil in einer digitalen Medienwelt zu geben. Die Frage, was im 21. Jahrhundert der Inhalt des gesetzlichen Auftrags der Grundversorgung ist, hat der neue Intendant zu beantworten. Ausgehend von Opas Dampfradio über das Farbfernsehen und die später aufkommende private Konkurrenz muss der öffentlich-rechtliche Rundfunk nun endlich mit eigenem Profil in die digitale Welt geführt werden, will er überleben. Nicht weniger als das, unter Umständen mit schrumpfendem Budget, muss der neue Intendant zu Wege bringen.

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Peter Winnemöller Thomas Bellut

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