Im Jahr 1857 stellten sich die Weichen im Ringen um Schönheit und Ordnung. Das Schlachtfeld war die Dichtung. Denn in diesem Jahr erschienen die drei Hauptwerke „Die Blumen des Bösen“ von Charles Baudelaire, „Madame Bovary“ von Gustave Flaubert und „Der Nachsommer“ von Adalbert Stifter. Zwei Modernisten und ein Antimodernist rangen um das künftige Weltbild.
Bei Stifter konnte Nietzsche „Erholung“ finden
Einer der damaligen Schiedsrichter war Nietzsche und der bevorzugte eindeutig Stifter. Der „Nachsommer“ sei das einzige nicht kranke Buch seiner Zeit, nicht krank an der Moderne durch Décadence, Pessimismus, Nihilismus, Selbstverachtung, Zynismus, Langeweile. Bei Stifter konnte Nietzsche „Erholung“ finden.
Stifter kannte seine Zeitgenossen und die „Verworfenheit“ in ihrer Literatur.
Der wollte er eine andere, reine Welt entgegenhalten, die auf Religion, Familie und Bildung beruht. „Auf der Familie ruht die Kunst die Wissenschaft der menschliche Fortschritt der Staat. Wenn Ehen nicht beglücktes Familienleben werden, so bringst du vergeblich das Höchste in der Wissenschaft und Kunst hervor, du reichst es einem Geschlechte, das sittlich verkommt, dem deine Gabe endlich nichts mehr nützt, und das zuletzt unterlässt, solche Güter hervor zu bringen“, heißt es in der Stifter typischen Zeichensetzung im „Nachsommer“.
Stifter versuchte noch einmal Schönheit, Glaube und Sittlichkeit hochzuhalten, wie es im 20. Jahrhundert fast nur noch entschieden katholischen Schriftstellern gelingt. Auch wenn der Roman Stifters seinen Schauplatz beinahe nur im kleinen Kosmos eines abgelegenen „Rosenhauses“ hat, ist sein Versuch ästhetischer Reinheit und gottgegebener Ordnung ein literarisches Gegenprojekt gegen die Moderne, das in der Dringlichkeit seiner Ideen gerade heute besonders aktuell ist. DT/ari
Lesen Sie den ausführlichen Beitrag über Stifters Projekt gegen die Moderne in der kommenden Ausgabe der Tagespost.