Logo Johann Wilhelm Naumann Stiftung Filmrezension

„Nosferatu": Die Symphonie des Grauens erklingt erneut

Mit „Nosferatu – Der Untote“ erhält ein großer Klassiker der Filmgeschichte ein opulentes Remake.
Lily-Rose Depp als Jungfrau in Nöten in „Nosferatu“ (2024).
Foto: IMAGO/CAP/TFS (www.imago-images.de) | Lily-Rose Depp als Jungfrau in Nöten in „Nosferatu“ (2024).

Friedrich Wilhelm Murnaus legendärer Stummfilm „Nosferatu – Eine Symphonie des Grauens“ von 1922 ist ein Klassiker der Filmgeschichte und basiert auf Bram Stokers 1897 erschienen Roman „Dracula“. Am 2. Januar kommt nun die langerwartete Neuverfilmung „Nosferatu – Der Untote“ in unsere Kinos. Dabei orientiert sich diese neue Version, mit der sich US-Regisseur Robert Eggers einen Kindheitstraum erfüllt hat, neben einigen neuen Akzenten, an dem filmtechnischen Meilenstein von 1922 sowie auch an Werner Herzogs „Nosferatu – Phantom der Nacht“ von 1979 mit Klaus Kinski in der Hauptrolle. 

Starbesetzung vor und hinter der Kamera

Robert Eggers scheint als Regisseur, Drehbuchautor und Produzent genau der richtige Mann zu sein, wenn es darum geht, mit einem eigenwilligen Stil ein atmosphärisches Schaudern auf der Leinwand zu erzeugen. Im Bereich des Horror- und Grusel-Genres gehört er ohne Zweifel zu den großen Entdeckungen der letzten zehn Jahre. Bereits mit seinem Erstlingswerk „The Witch“ (2015) stellte er unter Beweis, dass er es meisterhaft versteht, eine beklemmende Atmosphäre zu schaffen, die einem das Blut in den Adern gefrieren ließ. In seinem zweiten Film „Der Leuchtturm“ (2019), den viele auch als sein Meisterwerk bezeichnen, ließ er dann zwei Männer auf einer einsamen Leuchtturminsel langsam aber sicher dem Wahnsinn verfallen und fand dafür sehr spezielle Bilder und eine skurrile Schwarz-Weiß-Optik. Und auch sein dritter Film „The Northman“ (2022) beeindruckte mit seiner brachialen Gewalt, eingebettet in eine mythische Wikinger-Erzählung von Schuld und Sühne, mit Alexander Skarsgård in der Hauptrolle. 

Dieses Mal hat er für sein neuestes Werk dessen jüngeren Bruder Bill Skarsgård verpflichtet, der bereits durch Filme wie den beiden Verfilmungen von Stephen Kings „Es“ als Bösewicht Pennywise und als monströser Gegenspieler in „John Wick 4“ sein Können unter Beweis stellte. Auch wenn er unter Tonnen von Make-up kaum widerzuerkennen ist, sieht man ihn nunmehr in der Rolle des dämonischen Grafen Orlok, auch bekannt als Nosferatu. Neben Skarsgård besteht die Besetzung des Films aus einigen der momentan gefragtesten Schauspielerinnen und Schauspielern Hollywoods: Nicholas Hoult (der erst vor kurzem in „Renfield“ als Gehilfe von Dracula auftrat), Johnny Depps Tochter Lily-Rose Depp („Silent Night“), Aaron Taylor-Johnson („Fall Guy“), Emma Corrin („Deadpool & Wolverine“) und Willem Dafoe (der in der Nosferatu-Verfilmung „Shadow of the Vampire“ selbst den Grafen Orlok spielte). Zudem griff Eggers für die Umsetzung von „Nosferatu“ erneut auf sein renommiertes Team zurück, dass schon bei seinen ersten drei Filmen für eine eindringliche Atmosphäre sorgte, darunter auch Kameramann Jarin Blaschke (Oscar-nominiert für „Der Leuchtturm“). 

Beinahe dieselbe Geschichte wie vor 100 Jahren

Robert Eggers Neuinterpretation erzählt die Geschichte einer Obsession, die mit alles verzehrender Leidenschaft ein unvorstellbares Grauen entfacht: Als der aufstrebende Makler Thomas Hutter (Nicholas Hoult) im Jahr 1838 nach kurzen Flitterwochen mit seiner Ehefrau Ellen Hutter (Lily-Rose Depp) von seinem Chef Knock (Simon McBurney) ins ferne Transsilvanien geschickt wird, um dort einen wichtigen und dringenden Auftrag zu erfüllen, denkt er sich nichts Schlimmes dabei. Es geht schließlich nur um den Verkauf eines Hauses.

Doch schon auf dem Weg zum Schloss des Grafen Orlok, macht er eigenartige Erfahrungen mit der einheimischen Bevölkerung, die sich in dieser Gegend vor etwas Dämonischem zu fürchten scheint. Thomas lässt sich davon zunächst nicht abschrecken, doch als er den neuen Klienten Grafen Orlok kennenlernt, merkt er schnell, dass da wirklich etwas nicht mit rechten Dingen zugeht. Der äußerlich entstellte und unheimliche alte Mann hegt nämlich nicht nur den Wunsch eine neue Immobilie zu erwerben, sondern hat zudem ein düsteres Geheimnis, das auch Thomas' Frau betrifft, die daheim sehnsüchtig auf ihn wartet und schreckliche Vorahnungen hat. Als dann plötzlich mysteriöse Morde geschehen, kommt der Vampirjäger Albin Eberhart von Franz (Willem Dafoe) zum Einsatz um das Böse aufzuhalten.

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Robert Eggers hat in seinem Remake darauf verzichtet, inhaltlich allzu viel an der Originalvorlage zu ändern. Hat er bei seinen vorangegangenen Werken noch viel Eigensinn demonstrierte, hält er sich bei seinem neuesten Werk merklich ehrfürchtig zurück. Nur bei den Nebenfiguren hat er einige Hintergrundgeschichten hinzugedichtet, was auch dazu beiträgt, dass seine Neuauflage rund 40 Minuten länger dauert als das Original. Die grundsätzliche Geschichte ist aber noch immer dieselbe und auch ein Großteil der Figuren und Orte ist gleich geblieben. Der Film ist, wie man es von Robert Eggers erwarten kann, sehr atmosphärisch geworden, aber leider nicht immer spannend. Er hat großartige Momente zu bieten, in denen der Regisseur mühelos an die Optik von „Der Leuchtturm“ anknüpfen kann und mit farbarmen Bildern visuell die Hölle auf Erden entfacht. Betonen muss man hier auch die großartige Leistung von Bill Skarsgård. Nachdem dieser kürzlich bei „The Crow“ schon einmal im Remake eines Kultfilms zu sehen war und dort noch völlig, sowohl an der Kinokasse, wie auch an seiner darstellerischen Aufgabe scheiterte, ist seine Interpretation des Grafen Orlok tatsächlich mehr als furchteinflößend geworden. 

Teilweise zu theatralisch, dennoch optisch beeindruckend

Leider enthält „Nosferatu – Der Untote“ aber auch Passagen, in denen der Film aufgrund seiner Länge von 132 Minuten und einigen zu theatralisch vorgetragenen Dialogen, viel Geduld vom Zuschauer fordert. Wer aber gepflegten Grusel erleben möchte, findet in dieser Neuauflage ein monumentales Gemälde, das ihm mit einer starken Bildsprache, einem packenden Sounddesign und einer beeindruckenden Ausstattung, eine gleichermaßen bekannte wie fremde Welt aufzeigt. Robert Eggers Filme zu sehen, ist immer ein Erlebnis. Zu einem eigenen Filmklassiker, über den noch in 100 Jahren gesprochen wird, dürfte dieses Remake aber wohl eher nicht werden. 

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