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Mullahs ohne Humor

Die Reaktion der theokratischen Herrscher des Iran zeigt: Das Satiremagazin „Charlie Hebdo“ schlägt die religiösen Fanatiker methodisch „mit ihren eigenen Waffen“.
Proteste gegen "Charlie Hebdo"
Foto: IMAGO/Rouzbeh Fouladi (www.imago-images.de) | Der Iran unterstellt der französischen Regierung „anti-islamische Propaganda“ und die „Verbreitung rassistischen Hasses“ zu dulden. Im Bild: Proteste gegen "Charlie Hebdo" in Teheran.

Keine Frage: Es ist ziemlich deftige Kost, welche den Lesern der französischen Satire-Zeitschrift „Charlie Hebdo“ in der aktuellen Ausgabe aufgetischt wird. Auf der Titelseite des Magazins, das durch einen islamistischen Mordanschlag auf die Redaktion am 7. Januar 2015 weltbekannt wurde, sieht man kleine Ajatollahs, welche in die Vagina einer Frau marschieren. Dazu der Text: „Mullahs, geht dahin zurück, wo ihr herkommt.“ Im Innenteil der Zeitschrift werden weitere provozierende Karikaturen gezeigt, die im Rahmen eines Wettbewerbs nur ein Thema behandeln: die Abgründigkeit des geistlichen Führers des Iran, Ali Chamenei, im Kontext der jüngsten Frauen-Demonstrationen. 

Eine moderne Demokratie, kein fundamentalistischer Gottesstaat

Die theokratischen Herrscher des Iran können darüber nicht lachen. Der französische Botschafter in Teheran wurde nach Erscheinen der Zeitschrift einbestellt, ein französisches Forschungsinstitut im Iran droht man laut Medienberichten zu schließen. Auch die französische Regierung kriegt von Teheran ihr Fett ab. Man unterstellt ihr, „anti-islamische Propaganda“ und die „Verbreitung rassistischen Hasses“ zu dulden. Als wäre Frankreich ein fundamentalistischer Gottesstaat und keine moderne Demokratie.   

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Was die sich als Opfer Girrenden allerdings unterschlagen und was die „Charlie Hebdo“-Macher zurecht frohlocken lässt: „Charlie Hebdo“ schlägt die religiösen Fanatiker methodisch „mit ihren eigenen Waffen“. Nur: unblutig und geistreich. Es waren schließlich die Mullahs, die vor 30 Jahren einen Karikaturen-Wettbewerb gegen den mit einer „Fatwa“ belegten und im vergangenen Jahr lebensgefährlich attackierten Schriftsteller Salman Rushdie ausriefen. Im Namen der Religion.

Für Katholiken, die dank des Zweiten Vatikanischen Konzils die Meinungsfreiheit zu schätzen wissen und den Lebensschutz nicht nur als Lippenbekenntnis betreiben, sollte klar sein, an wessen Seite sie bei dieser Auseinandersetzung stehen – an der Seite von „Charlie Hebdo“. Denn: Über Geschmacksfragen lässt sich trefflich streiten, über fundamentalistischen Terror und Mord nicht. Auch wir sind Charlie.

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