Die DT-Kolumnistin Ute Cohen erinnert im Feuilleton an den Beginn der #metoo-Kampagne vor fünf Jahren: „Seit die amerikanische Schauspielerin Alyssa Milano das Hashtag erstmals benutzte, äußerten sich Millionen Frauen zu sexuellen Übergriffen. Zweifelsohne ein legitimes Anliegen, Machtmissbrauch und körperliche Gewalt öffentlich zu machen, anstatt den Schleier des Vergessens darüber zu legen. Es stärkt den Glauben an eine Gesellschaft, die darauf bedacht ist, Gerechtigkeit walten zu lassen. Sich geschützt zu fühlen in einer Gemeinschaft Gleichgesinnter, ermutigt Opfer, Recht und Gesetz wieder zu vertrauen und den Weg der Instanzen zu beschreiten.“
Kritik an #metoo
Cohen, die in ihrem ersten, autobiographisch gefärbten Roman „Satans Spielfeld“ explizit auf das Thema Missbrauch eingegangen ist, findet jedoch auch kritische Worte zu dem Phänomen.
„Im Kern barg das Hashtag bereits den Verrat an der Grundidee des metoo-Gedankens. Seinen Ursprung hatte metoo schließlich in einer Kampagne der Menschenrechtsaktivistin Tarana Burke. Sie hatte den Begriff erstmals verwendet, nachdem ihr ein 13-jähriges afroamerikanisches Mädchen von ihren Missbrauchserfahrungen erzählt hatte. Am Anfang der Bewegung stand also ein Kind, arm und unschuldig, machtlos und handlungsunfähig. Schnell aber richtete sich der Fokus auf die Skandale der Filmbranche, Schauspielerinnen und Produzenten, allen voran Harvey Weinstein.“
Voyeurismus schadet Opfern
Cohens Hauptkritikpunkt: „Glanz und Glamour faszinierte die Öffentlichkeit mehr als das Elend der Unscheinbaren. Gepaart mit diesem Voyeurismus der Trittbrettfahrerinnen, die #metoo nutzten, um die Karriereleiter hochzuklettern auf Kosten der wahren Opfer. Die Unterschiede zwischen körperlicher, psychischer und verbaler Gewalt verschwanden in einer diffusen strukturellen Gewalt.“ DT/mee
Ute Cohen über fünf Jahre #metoo. Lesen Sie die ganze Kolumne in der kommenden Ausgabe der Tagespost.