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Primas von Frankreich: Gesellschaft braucht mehr Transzendenz

Eine „Verdunklung des Gottessinns“ präge die gegenwärtige Gesellschaft, so der Erzbischof von Lyon. Daher müsse die gesamte Kirche ihren Sendungsauftrag wahrnehmen.
Olivier de Germay
Foto: Wikicommons | Olivier de Germay ist seit Dezember 2020 Erzbischof von Lyon. Der vormalige Offizier der Fallschirmjäger der französischen Armee entschied sich mit 30 Jahren, dem Ruf zum Priestertum zu folgen.

Der Erzbischof von Lyon, Olivier de Germay, mahnt zu mehr Offenheit für Transzendenz. Die derzeitige Krise der gegenwärtigen Gesellschaft sei vor allem auf eine „Verdunklung des Gottessinns“ zurückzuführen, so der Primas von Frankreich im Gespräch mit dieser Zeitung. Danach erst kämen die ökologische, soziale, finanzielle und alle anderen Krisen. „Sie alle haben ihre Wurzeln in einer geistlichen Krise“, betont de Germay.

Mensch von Natur aus auf Transzendenz ausgelegt

Der Mensch sei von Natur aus auf Transzendenz hin ausgelegt, so der Erzbischof von Lyon weiter. „Immer schon haben sich Menschen Gedanken über das Leben nach dem Tod gemacht. Das erste und wichtigste Zeugnis von uns Christen in der Gesellschaft ist also das, was Jesus im Evangelium sagt: Wendet euch Gott zu und ihr werdet gerettet!“ Sein Aufruf daher: „Wir müssen unseren Zeitgenossen helfen, sich für die Gegenwart Gottes zu öffnen.“

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De Germay, der am vergangenen Wochenende den Missionskongress „Congrès Mission“ in seinem Erzbistum ausrichtete, sieht die gesamte Kirche aufgerufen, den kirchlichen Sendungsauftrag wahrzunehmen. Er lobte, dass es zwar oft die Laien seien, die missionarisch tätig sind. Gleichzeitig gebe es auch viele missionarische Priester, Ordensleute und geweihte Personen. Der französische Primas wünscht sich: „Wir müssen gemeinsam wirken, wie es der Herr von uns will. Er vertraut den missionarischen Auftrag seiner ganzen Kirche an.“ Nicht jeder habe die gleiche Rolle in der Kirche, „aber wir sind ein Leib, ein Ganzes, und müssen gemeinsam auf den Heiligen Geist hören, um diesen Auftrag zu erfüllen“.

Die Wahrheit mit Bedacht verkünden

Auf die Frage, ob die Kirche und die Bischöfe in einem laizistischen Land wie Frankreich im öffentlichen Diskurs überhaupt eine Rolle spielen könnten, meint de Germay: „Es ist unser bischöflicher Dienst an der Gesellschaft und dem Gemeinwohl, mit Bedacht und ohne Aggressivität Stellung zu nehmen und die Wahrheit zu verkünden.“ Den Menschen fehle es heute an Bezugspunkten, da unveränderliche und grundlegende natürliche Tatsachen mehr und mehr dekonstruiert würden. „In 20 oder 30 Jahren wird man uns dafür danken, dass wir uns zu Wort gemeldet haben – oder uns umgekehrt vorwerfen, wenn wir geschwiegen haben.“  DT/mlu

Wieviel Vielfalt es nach Ansicht des Lyoner Erzbischofs im christlichen Zeugnis geben kann, ohne dass die Einheit der Botschaft beschädigt wird, erfahren Sie in der kommenden Ausgabe der Tagespost.

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