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Kirchenkampf in Montenegro

Die Serbische Orthodoxie protestiert gegen ein neues Religionsgesetz und warnt vor Enteignungen.
Proteste gegen Kirchengesetz in Montenegro
Foto: Risto Bozovic (AP) | Podgorica: Polizeibeamte bewachen das Parlamentsgebäude während eines Protestes gegen einen Gesetzesvorschlag bezüglich religiöser Gemeinschaften und Eigentum.

Begleitet von Tumulten und Protesten hat das Parlament von Montenegro mit den Stimmen der Regierungsmehrheit am Freitag ein neues Gesetz über die „Religionsfreiheit und den gesetzlichen Status der Kirchen und Religionsgemeinschaften“ beschlossen. Vor der Abstimmung kam es zu Tumulten als Abgeordnete der pro-serbischen Opposition im Parlament Rauchgranaten zündeten. Oppositionsanhänger protestierten mit Straßenblockaden.

Versuch einer Enteignung durch die Regierung

Das neue Gesetz sieht vor, dass die in Montenegro tätigen Kirchen den Eigentumsstatus von Gebäuden, Grundstücken und Immobilien klären müssen, die vor 1920 in ihren Besitz gelangt sind. Dies wird von der größeren der beiden in Montenegro konkurrierenden orthodoxen Kirchen, der serbisch-orthodoxen Kirche (SOK), abgelehnt. Sie sieht darin den Versuch einer Enteignung durch die Regierung zugunsten der autonomen montenegrinisch-orthodoxe Kirche (MOK). Nach Schätzungen von Experten gehören etwa 52 Prozent der 625.000 Montenegriner der SOK und 15 Prozent der MOK an.

Die serbisch-orthodoxe Kirche in Montenegro hatte am 24. Dezember eine Protestaktion vor dem Parlamentsgebäude durchgeführt. Metropolit Amfilohije Radovic sowie die Bischöfe Joanikije Micovic von Niksic und Metodije Ostojic von Duklja führten eine Demonstration in Podgorica an. Bischöfe Metodije nannte das neue Religionsgesetz verfassungswidrig und kündigte an, sich wegen der „brutalen Verletzungen der Religionsfreiheit“ an internationale Institutionen zu wenden.

Ein Vorgehen gegen alle Montenegriner

Metropolit Amfilohije appellierte an die Abgeordneten, dem Gesetz, das „gegen die elementaren Menschenrechte und die Rechte der Kirche Gottes gerichtet ist“, nicht zuzustimmen. Er wandte sich auch an die „brüderlichen römisch-katholischen und muslimischen Deputierten“: Sie sollten sich durch die Behauptung, die anderen Religionsgemeinschaften würden wegen ihrer Abkommen mit dem Staat von dem neuen Gesetz nicht betroffen sein, „nicht manipulieren lassen“. Sie sollten bedenken, dass es sich nicht nur um ein Vorgehen gegen die orthodoxe Kirche handle, sondern um „ein Vorgehen gegen alle Montenegriner, gleichgültig, ob sie römisch-katholisch, muslimisch oder orthodox sind“. Etwa 19 Prozent der Einwohner Montenegros sind Muslime, etwa drei Prozent Katholiken.

Noch am Mittwoch hatte der Heilige Synod der serbisch-orthodoxen Kirche in Belgrad eine Solidaritätserklärung mit seinen Bischöfe, Priestern, Mönchen und Nonnen in Montenegro veröffentlicht. Der serbische Synod bekundete darin seine Ablehnung des Gesetzes, durch das nach seiner Auffassung Kirchen, Klöster und anderes Eigentum den orthodoxen Diözesen in Montenegro entzogen werden sollen.

Bis 1918 unabhängiges Königreich mit eigener orthodoxer Kirche

Montenegro war bis 1918 ein unabhängiges Königreich mit eigener orthodoxer Kirche. Nach der Eingliederung in das neue Jugoslawien verlor die montenegrinische Kirche 1920 durch einen königlichen Erlass ihren autokephalen Status und wurde mit allen Besitztümern ein Teil der serbisch-orthodoxen Kirche. Seit 2006 ist Montenegro wieder unabhängig. Die Regierung in Podgorica fördert die eigene montenegrinisch-orthodoxe Kirche, die bisher weder vom Ökumenischen Patriarchen in Konstantinopel noch von einer anderen autokephalen Orthodoxie anerkannt ist. Insbesondere Präsident Milo Dukanovic hat sich mehrfach für die Autokephalie der MOK ausgesprochen. Die serbisch-orthodoxe Kirche in Belgrad bekämpft dies vehement.

DT/poi/dpa/sba

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