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Kardinal Hollerich: Corona beschleunigt Säkularisierung Europas

Die Zahl der Messbesucher nehme durch die Coronavirus-Pandemie noch schneller ab, befürchtet der Luxemburger Kardinal Hollerich. Die Kirche müsse die Krise als Chance sehen und sich verstärkt um Evangelisierung bemühen.
Der Luxemburger Kardinal Jean-Claude Hollerich
Foto: Ã ©MASSIMILIANO MIGLIORATO/CPP / via www.imago-images.de (www.imago-images.de) | Auf den geschwächten Zustand müsse die Kirche in Europa mit Demut reagieren, so Hollerich weiter. Dadurch könne sich die Kirche besser neu organisieren und christlicher sein.

Die Coronavirus-Pandemie könnte die Säkularisierung in Europa um zehn Jahre beschleunigt haben. Zu dieser Einschätzung kommt der Luxemburger Kardinal Jean-Claude Hollerich. Im Gespräch mit der Vatikanzeitung „L'Osservatore Romano“ erklärte Hollerich, der auch Präsident der europäischen Bischofskommission COMECE ist, er rechne damit, dass die Zahl der Messbesucher als Resultat von COVID-19 abnehmen würde.

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Die Kulturkatholiken kommen nicht mehr

Auf die Frage, ob die Kirche in Europa gestärkt oder geschwächt aus der Krise kommen werde, antwortete der Erzbischof von Luxemburg, dass es in seinem Heimatland immer weniger regelmäßige Messbesucher gebe. All diejenigen, die nur aus kulturellen Gründen in die Kirche gingen, „diese ,Kulturkatholiken, links wie rechts, kommen nicht mehr“. Sie hätten gemerkt, dass das Leben recht bequem sei und könnten sehr gut leben und in die Kirche gehen zu müssen. Auch die Zahl der Erstkommunionen und die Katechismen für Kinder würden abnehmen, so Hollerich. 

Ausdrücklich betonte der Luxemburger Kardinal auch, dass er sich nicht darüber beschwere: „Wir hätten diesen Prozess auch ohne die Pandemie erlebt. Es hätte dann vielleicht zehn Jahre länger gedauert.“ Auf den geschwächten Zustand müsse die Kirche in Europa mit Demut reagieren, so Hollerich weiter. Dadurch könne sich die Kirche besser neu organisieren und christlicher sein. „Ansonsten kann die Kultur des Christentums, dieser einzige kulturelle Katholizismus, nicht lange überleben.“

Pandemie als Chance für die Kirche

Gleichzeitig sprach der Kardinal aber auch von einer „großen Chance“ für die Kirche und rief zur Evangelisierung Europas auf: „Wir müssen verstehen, was auf dem Spiel steht, wir müssen reagieren und neue missionarische Strukturen einsetzen.“ Dabei spreche er von missionarisch in Wort und Tat. In der Welt nach der Pandemie würden der Westen, die USA und Europa schwächer sein als zuvor, so Hollerich, da in der Folge des Virus andere Länder und Wirtschaften wachsen würden. Dies müsse man mit Realismus betrachten. „Wir müssen den Eurozentrismus in unserem Denken aufgeben und mit großer Demut mit anderen Ländern für die Zukunft der Menschheit arbeiten, um mehr Gerechtigkeit herzustellen.“  DT/mlu

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