Am 31. Juli hat der Vatikan den Rücktritt von Michel-Bernard de Vregille als Generalmoderator der Gemeinschaft Emmanuel mit sofortiger Wirkung angenommen. Darüber informierte die Gemeinschaft ihre Mitglieder am Donnerstag in einem Schreiben, das auch auf der französischsprachigen Website der Organisation veröffentlicht wurde.
De Vregille, seit 2018 im Amt und 2023 erneut für fünf Jahre gewählt, hatte sein weiteres Verbleiben im Amt am 12. Juli dem Dikasterium für die Laien, die Familie und das Leben zur Prüfung übergeben. Kardinal Farrell, der Präfekt des Dikasteriums, nahm seinen Rücktritt am 31. Juli an, womit für die Gemeinschaft eine Übergangsphase beginnt, die in den kommenden Monaten zur Ernennung eines neuen Moderators führen soll. Laut den Statuten der Gemeinschaft ist dafür zunächst eine Interimsleitung vorgesehen. Diese wird am morgigen Samstag, den 9. August, in Paris (Domus Emmanuel) durch die Mitglieder des Internationalen Rates und des Rates der Bruderschaft Jesu, der den klerikalen Zweig der Gemeinschaft leitet, gewählt.
Eine Phase der Instabilität fürchtet die Gemeinschaft Emmanuel nicht, denn die Statuten seien in Bezug auf eine solche Übergangsphase sehr präzise, erklärte die Kommunikationsbeauftragte der Gemeinschaft Emmanuel Flore Barbet-Massin gegenüber der „Tagespost“. „Die Leitungsgremien bleiben bestehen, und der mit der Leitung beauftragte Interimsleiter wird die zuvor erarbeite Orientierung weiterverfolgen.“ Diese seien vor allem an Mission und Evangelisierung ausgerichtet.
Apostolische Visitation zur Überprüfung der Leitungsstrukturen
Die 1972 in Frankreich gegründete Gemeinschaft gehört zu den sogenannten Neuen Geistlichen Gemeinschaften in der Katholischen Kirche und ist heute in über 60 Ländern aktiv. Nach eigenen Angaben zählt sie rund 13.000 Mitglieder – in Deutschland etwa 400 –, darunter 275 Priester sowie 225 geweihte Männer und Frauen, die ein Leben in Ehelosigkeit führen.
Im März hatte De Vregille angekündigt, dass sich die Gemeinschaft Emmanuel einer Apostolischen Visitation unterziehen werde. Die Gemeinschaft selbst hatte den Vatikan um eine Überprüfung insbesondere ihrer Leitungsstrukturen gebeten, räumte aber auch ein, dass es insbesondere im Zusammenhang mit der Aufarbeitung von Fällen sexueller Gewalt „interne Spannungen“ gebe.
Die Apostolische Visitation hat noch nicht begonnen. „Kardinal Farrell hat uns gebeten, noch abzuwarten, bis die geeignetste Form des Besuchs festgelegt ist“, erklärt Flore Barbet-Massin gegenüber dieser Zeitung.
Interne Kritik an Leitung und Missbrauchsaufarbeitung
Wie die katholische Tageszeitung „La Croix“ berichtet, seien seit 2024 vermehrt kritische Stimmen laut geworden, als Benoît Moulay, ein ehemaliger Priester der Gemeinschaft, von zwei Frauen der Vergewaltigung beschuldigt und schließlich aus dem Klerikerstand entlassen wurde. Im selben Jahr wurde auch P. Bernard Peyrous, ehemaliger Rektor des Wallfahrtsorts Paray-le-Monial, unter dem Vorwurf der Vergewaltigung strafrechtlich verfolgt. Im Juli 2024 hatten sich mehrere Mitglieder in einem Brief an Kardinal Farrell sowie an Kardinal Jean-Marc Aveline, den kirchlichen Assistenten der Gemeinschaft, gewandt, um auf verschiedene strukturelle Probleme aufmerksam zu machen. Es fehle an Gewaltenteilung, lokalen Konfliktmanagementstellen und einer sauberen Funktionsweise der internen Anlaufstelle der Emmanuel-Gemeinschaft für sexuelle Gewalt, zitierte „La Croix“ mehrere interne Quellen.
In einem Brief an die Mitglieder der Gemeinschaft schrieb de Vregille selbst diese Woche: „Dieser Beginn der zweiten Amtszeit war besonders belastend; ich möchte die genauen Gründe dieser Schwierigkeiten hier nicht darlegen. Ich will euch dennoch sagen, wie sehr der Missbrauch durch Mitglieder und gewisse Verblendungen, die unsere Fähigkeit beeinträchtigt haben, den Betroffenen Gehör zu schenken, für mich eine tiefe Quelle der Traurigkeit waren.“
Gemeinschaft dankt De Vregille für seinen Dienst
De Vregille betont, dass die Gemeinschaft bereits seit Jahren Maßnahmen ergreife, die nun erste Früchte tragen würden. Er sei zuversichtlich, dass man diesen Weg weiterhin mit großer Aufmerksamkeit für die Betroffenen fortsetzen könne. Zugleich räumte er ein: „Einige Situationen waren schwer zu bewältigen und schmerzhaft. Schließlich mussten wir auch mit heiklen kirchlichen Differenzen umgehen. Diese Schwierigkeiten haben die Spannungen zwischen den verschiedenen Leitungsgremien der Gemeinschaft verschärft. Meine Zusammenarbeit mit dem Internationalen Rat war davon besonders betroffen.“
Sophie Mouquin, die dem Internationalen Rat vorsteht, würdigte in einem offiziellen Schreiben das Wirken de Vregilles: „Wir wollen Michel-Bernard für alles danken, was er als Generalmoderator im Dienst der Gemeinschaft geleistet hat.“ Sie hob besonders hervor, dass er die „synodale Transformation“ der Gemeinschaft mitgestaltet habe. „Er hat insbesondere darauf geachtet, die Dynamik der Missionen zu unterstützen und die kulturelle Vielfalt zu achten, in der sich die Gemeinschaft entfaltet.“
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