Logo Johann Wilhelm Naumann Stiftung Nach Papstbesuch in Marseille

Emmanuel Macron: Ambivalentes Echo auf Papstbesuch

Europa könne „nicht alles Elend der Welt aufnehmen“, kommentierte Frankreichs Präsident Papst Franziskus‘ Äußerungen zur Migrationskrise im Mittelmeerraum.
Franziskus und Macron
Foto: IMAGO/ABACA (www.imago-images.de) | Papst Franziskus kommt nach dem Mittelmeertreffen in Marseille mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron zusammen.

Am Sonntagabend hat Frankreichs Präsident Emmanuel Macron dem Fernsehsender „TF1“ ein halbstündiges Interview gegeben, bei dem er ausführlich auf den Besuch von Papst Franziskus in Marseille zu sprechen kam. „Der Papst hat recht, wenn er zu einem Aufbruch gegen die Gleichgültigkeit aufruft“, leitete der Präsident ein, bevor er sich klar positionierte: „Europa ist der Kontinent, der am meisten tut. Wir Franzosen leisten unseren Beitrag. Unser Land erreichen durchschnittlich 100.000 Asylbewerber pro Jahr. Wir können nicht das gesamte Elend der Welt aufnehmen.“

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Papst Franziskus hatte beim Mittelmeertreffen in Marseille am Wochenende die „Gleichgültigkeit“ der europäischen Verantwortlichen missbilligt und Europa dazu aufgerufen, eine „große Zahl an legalen und regulären Einreisen“ zu ermöglichen. Emmanuel Macron rief zu einer besseren europäischen Koordination in der Flüchtlingskrise auf und erinnerte daran, dass viele der afrikanischen Ursprungsländer bereits millionenschwere Unterstützung erhielten, die es den Menschen ermöglichen solle, in ihrer Heimat zu bleiben. „Wir Europäer müssen unsere (finanzielle A.d.R.) Hilfe besser an eine verantwortungsvolle Migrationspolitik (in den Ursprungs- und Transitländern A.d.R.) knüpfen“, so Emmanuel Macron. Die Regierung will im November ein neues Gesetz zur Einwanderung verabschieden, das unter anderem die Prozeduren der Asylbewerbung verkürzen möchte, sodass Asylbewerber schneller angenommen oder abgelehnt werden können.

Macron äußert sich nicht zum geplanten Sterbehilfe-Gesetz

Zum für diese Woche erwarteten Gesetz zur Legalisierung der aktiven Sterbehilfe äußerte sich Emmanuel Macron während seines Fernsehinterviews nicht. Dabei hatte der Heilige Vater sowohl Samstagmorgen als auch bei der Pressekonferenz auf dem Rückflug nach Rom ausdrücklich seine Opposition gegen jede Form der Euthanasie deutlich gemacht. „Mit dem Leben spielt man nicht, weder am Anfang noch am Ende“, so Papst Franziskus im Rückflug nach Rom, ein Satz, der flächendeckend von den französischen Medien aufgenommen wurde.

Der Parteivorsitzende des „Rassemblement national“, Jordan Bardella, kritisierte die Äußerungen des Papstes zur Immigration scharf. Als Argentinier sei der Papst sich des Problems der Einwanderung in Europa nicht bewusst, das die europäischen Gesellschaften destabilisiere. „Wenn er Marseille als einen ‚Hafen des Friedens‘ bezeichnet, dann erlauben Sie mir, mich – wie alle Franzosen – daran zu stören und ihm zu sagen, dass er Marseille nicht kennt“, so seine Kritik. Wer zur bedingungslosen und unbegrenzten Öffnung aller Grenzen aufrufe, der sei dafür verantwortlich, wenn Migranten Europa für ein Eldorado halten, so der 28-jährige Nachfolger von Marine Le Pen an der Parteispitze.

Keine politische Beanspruchung der Worte des Papstes

Auch der Vorsitzende der Französischen Bischofskonferenz, Eric de Moulins-Beaufort, äußerte sich zum Echo, das die Worte des Heiligen Vaters hervorriefen: „Ich verstehe die Angst oder Sorge, die angesichts der Herausforderungen unserer Zeit – sei es die Aufnahme von Migranten oder die Klimakrise – zum Ausdruck kommen und zu Wut oder Ressentiments führen können", so der Reimser Erzbischof. „Heute müssen wir klarer und menschlicher mit den Ländern und Kirchen des Aufbruchs sprechen. Der Papst bekräftigt das Recht zu migrieren, aber auch das Recht, in dem Land zu bleiben, in dem man geboren wurde.“

Der europäische Abgeordnete der bürgerlichen „Républicains“, Francois-Xavier Bellamy, gab auf X (ehemals Twitter) seiner Freude darüber Ausdruck, „mit Zehntausenden von freudigen Franzosen gemeinsam den Heiligen Vater in Marseille begrüßen zu dürfen“. Wenn Papst Franziskus Frankreich dazu aufrufe, sein Feuer wiederzufinden, dann solle keine politische Seite die Worte des Papstes allein für sich beanspruchen.  DT/fha

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