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Vorarlberger Pfarrei Lustenau-Rheindorf: Gelebte Neuevangelisierung

Anbetung und Einkehr im Fokus. Die Vorarlberger Pfarrei Lustenau-Rheindorf ist ein Laboratorium gelebter Neuevangelisierung. Eine missionarische Pfarrei lebt.
Kirche und Mission
Foto: Josef Winkler | Die Osterbotschaft der Pfarrei Lustenau leuchtet förmlich in die Welt hinein.

Die Pfarrkirche zum Göttlichen Erlöser, im Volksmund auch „Erlöserkirche“ genannt, ist eine von drei katholischen Pfarrkirchen in der Vorarlberger Marktgemeinde Lustenau. Mit seinem hohen Mittelschiff und einem Satteldach gleicht der Grundriss der Kirche einer Basilika.  Mit 23 000 Einwohnern ist Lustenau die einwohnerreichste Gemeinde Österreichs. Bis 1806 gehörte die am Rheinufer liegende Gemeinde als freier Reichshof zum Heiligen Römischen Reich; erst 1830 fiel Lustenau an Österreich.

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Inbegriff einer missionarischen Pfarrei

Vom Pfarrgebiet Rheindorf bietet sich ein schöner Blick über den Rhein hinüber zu den Schweizer Bergen. 1951 wurde der Stadtteil Rheindorf wegen des starken Bevölkerungswachstums zur selbstständigen Pfarrei erhoben. Seit 2003 wirkt der heute 53jährige Pfarrer Thomas Sauter in Lustenau-Rheindorf.
Rheindorf ist seither der Inbegriff einer missionarischen Pfarrei. Dank der vielfältigen Initiativen des dynamischen Pfarrers und seiner Mitarbeiter strahlt die Pfarrei weit über Lustenau hinaus: Der in Langenargen am Bodensee geborene Pfarrer erlernte, wie er mit einem Augenzwinkern erzählt, zuerst seinen Traumberuf als Bankkaufmann. Nach sieben Jahren in einer Bank nahm er ein verlockendes Jobangebot einer internationalen Großbank in Frankfurt, das ihm einen USA-Aufenthalt ermöglichte, an.

Vier Tage nachdem Sauter seine neue Arbeit antrat, hatte er ein tief einschneidendes Berufungserlebnis: Von einem Tag auf den anderen war für ihn klar, dass er Priester werden sollte. Nach einem kurzen Intermezzo in einer Münchner Sparkasse, kam Sauter ins Kloster Scheyern, wo er Kardinal Joseph Ratzinger traf. Diese Begegnung führte ihn an die Gustav-Siewerth-Akademie, wo er Philosophie studierte. Dort lernte er den Vorarlberger Bischof Klaus Küng kennen. Dieser lud ihn in sein Priesterseminar ein. Im Jubiläumsjahr 2000 wurde Thomas Sauter nach dem Theologiestudium schließlich in Feldkirch zum Priester geweiht.

Priester mit dem Herzen

Seit 21 Jahren lebt Sauter mit jeder Faser seines Herzens nun als Priester. Strategisch klug ist er noch immer, wie er es als Bankkaufmann und Manager gelernt hat. Seine Tätigkeit im Bankwesen hat ihm gezeigt, wie man ein Produkt zu den Menschen bringt: Und das gilt auch für das „Produkt“, das die Kirche anbietet.
„Wenn die Kirche die Evangelisation aufgibt, hört sie auf zu existieren. Wenn wir nichts machen, sind wir fertig.“ Die volkskirchliche Struktur werde aufrechterhalten, aber weil diese nicht trage, müsse die Kirche beginnen, die Familie zu stärken und Multiplikatoren heranzubilden, mahnt der Pfarrer. Das seelsorgliche Gebiet ist, so Sauter, gerade für die Laien unendlich groß. Die Menschen sollten wissen, wie groß ihre Berufung ist – vor allem in der Welt.

Männer beten

Um die Berufung des einzelnen Gläubigen besser zu entdecken, bietet die Pfarrei Rheindorf konkrete Angebote an, etwa einen Vormittag für Frauen, das Programm „Männer beten“, oder einen Nachmittag für junge Ehepaare, an dem diese sich gemeinsam stärken können. Neben Vorträgen, Einkehrtagen und Filmabenden gibt es zum Ferienende eine „Woche der Begegnung“ mit interessanten, sogar außergewöhnlichen Lebenszeugnissen. In seiner Pastoral setzt Pfarrer Sauter den Fokus auf jene, die kommen. Sie sollen gesammelt und gestärkt werden, damit sie selbst ausgesendet werden können.  Für den dynamischen Priester ist die heutige Glaubenskrise vor allem eine philosophische Krise. Es gehe letztlich um die Frage nach Gott. Pfarrer Sauter meint, dass die Menschen Gott suchen, ohne es selbst zu wissen. Sie suchen ihn nicht in der Kirche, sondern in der Natur, in fernöstlichen Praktiken oder anderen spirituellen Angeboten.

Glauben erneuern

Die Frage nach Gott werde nicht mehr gestellt, aber sie ist für die Menschen existenziell, so Sauter. „Die Menschen, die mir in den Sakramenten begegnen, brauchen Gott gerade in diesem Moment vielleicht nicht, aber sie werden einmal an einen Punkt kommen, wo sie Gott brauchen. Dann sollen sie wissen, wo sie Hilfe bekommen.“ Sie werden sich dann an eine konkrete Person, vielleicht an den Pfarrer, erinnern, und wissen, dass sie zu ihm kommen können, ohne gedemütigt zu werden. Heute laute die Grundfrage: „Erneuere ich die Strukturen oder den Glauben?“ Sein Anliegen sei, für die Menschen da zu sein, sie anzuhören, sie zu begleiten. Das Prinzip Pfarrei sei gerade dabei, sich aufzulösen. Die Menschen würden sich heute eine Pfarrei aussuchen, in der sie sich wohlfühlen. Das könne zu Eifersucht zwischen angestammten Gläubigen und den Menschen, die von anderswo kommen, führen, weiß Pfarrer Sauter aus Erfahrung.

Während der Corona-Krise fühlte er sich durch das positive Feedback der Gläubigen bestärkt. „Sie haben gesehen und erkannt, dass ich ein berechenbarer Partner bin und ihnen Sicherheit gebe.“ Martin, der den Dienst als Kommunionhelfer in Rheindorf ausübt, sagt, der Pfarrer verstehe es wie kein anderer, seiner Gemeinde das Wort Gottes ohne erhobenen Zeigefinger zu vermitteln: „Ich bin beeindruckt, mit welcher Hingabe er es fortlaufend schafft, Barmherzigkeit und Liebe in den Fokus der gesamten Pfarrgemeinde zu rücken.“

Missionarische Kirche 

Beate Bösch, eine Mitarbeiterin in Rheindorf spricht davon, dass eine missionarische Kirche wie die Erlöserkirche in Lustenau primär vom intensiven und dauerhaften Gebet lebt. Sie unterstützt die tägliche Anbetung selbst gerne durch ihre Präsenz. Laut Pfarrer Sauter ist die tägliche eucharistische Anbetung in der Pfarrei organisch gewachsen. 50 bis 70 Personen nehmen jede Woche regelmäßig daran teil.

„Kirche begegnet Welt, und das immer intensiver.“ Durch dieses Motto inspiriert setzt Pfarrer Sauter neben dem Gebet auf Aktionen, die Aufmerksamkeit auf sich ziehen und Neugierde erregen. So wurde zu Ostern die Message „Frohe Ostern“ mit einem Beamer an die Kirchenmauer projiziert, um Passanten mit der Botschaft der Auferstehung zu konfrontieren.

Charismen entdecken

Wenn man die Kirche von Rheindorf betritt, wird man nicht nur begrüßt, sondern zu einer konkreten Tat ermuntert: In der Fastenzeit konnte man ein selbstgeschriebenes Anliegen zum Kreuz bringen, zu Pfingsten durfte man einen Zettel mit einer Gabe oder Frucht des Heiligen Geistes für sich ziehen. Nicht umsonst spricht Beate Bösch von der Erlöserkirche in Rheindorf als dem „gemütlichsten Wohnraum“ von Lustenau.

Alexander Breuß, ein weiterer Ehrenamtlicher, erklärt, dass man die Gnade förmlich spüre, die in dieser Pfarrei Früchte trage, und Zeuge werden könne, wie Gott in den Menschen wirke. Das motiviert ihn in seiner Arbeit für Gott mit den Menschen. Das Kennenlernen der Pfarrmitglieder und Gläubigen, die Teilhabe am Leben des anderen, trotz aller Unterschiede, sei, so Sauter, von großer Bedeutung; die Gläubigen sollten nicht aneinander vorbeilaufen. So berichtet er von einer Gruppe junger Frauen, die sich hier regelmäßig treffen, und die schöne Erfahrung gemacht haben, sich an der gemeinsamen Freundschaft freuen zu können.

Die Charismen der Menschen zu entdecken, sei zentral. Und auch, wenn es bereits Berufungen gebe, nicht selbstzufrieden auszuharren, sondern weiterzugehen – das ist das Motto des Pfarrers für die nächsten Jahre. Wenn er einmal von Rheindorf scheiden müsste, würde er sich vor allem wünschen, dass die Eucharistische Anbetung in der Pfarrei weiter geht. Schlussendlich sei ja die Frage: „Geht‘s um den Pfarrer oder geht‘s um Jesus?“

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