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Bischöfe verschärfen Regeln zum Umgang mit sexuellem Missbrauch

Die Deutsche Bischofskonferenz (DBK) will die Perspektive Betroffener von sexuellem Missbrauch besser berücksichtigen. Auch Neue geistliche Gemeinschaften und Bewegungen werden zu Prävention verpflichtet.
Verschärfung der Missbrauchs-Leitlinien
Foto: Marius Becker (dpa) | Der Trierer Bischof Stephan Ackermann, Beauftragter der Deutschen Bischofskonferenz für Fragen des sexuellen Missbrauchs hält die neuen Regelungen für wichtig.

Die katholischen Bischöfe Deutschlands haben die Leitlinien zum Umgang mit sexuellem Missbrauch erneut verschärft. Die überarbeitete Fassung soll erstmals als „Ordnung“ bundesweit verbindlich in allen Bistümer gelten. Das teilte die Deutsche Bischofskonferenz (DBK) am Montag in Bonn mit.

Die neue „Ordnung für den Umgang mit sexuellem Missbrauch Minderjähriger und schutz- oder hilfebedürftiger Erwachsener durch Kleriker und sonstige Beschäftigte im kirchlichen Dienst“ und die „Rahmenordnung – Prävention gegen sexualisierte Gewalt an Minderjährigen und schutz- oder hilfebedürftigen Erwachsenen im Bereich der Deutsche Bischofskonferenz“ treten mit Beginn des kommenden Jahres in allen (Erz-)Diözesen in Kraft. Beide Dokumente wurden vom Ständigen Rat der Deutsche Bischofskonferenz am 18. November 2019 beschlossen.

Neue Ordnung spricht von „Betroffenen“ anstelle von „Opfern“

Laut DBK wurden die Regelungen der bisherigen „Leitlinien“ überarbeitet und werden künftig als eine für alle (Erz-)Diözesen einheitliche „Ordnung“ Geltung haben. Sie wird – nach der Inkraftsetzung durch den jeweiligen Diözesanbischof und der Veröffentlichung im Amtsblatt – zu einem in jeder (Erz-)Diözese gleichlautenden diözesanen Gesetz. Nach fünf Jahren sollen sie evaluiert werden. Zuletzt waren die Leitlinien 2013 überarbeitet worden.

Besondere Berücksichtigung findet die Perspektive der Betroffenen sexuellen Missbrauchs – so ist unter anderem die Beteiligung Betroffener an Prozessen zum Umgang mit sexuellem Missbrauch ausdrücklich vorgesehen, wie auch die Einbindung externer und unabhängiger Fachberatungsstellen. Die neue Ordnung spricht zudem durchgängig von „Betroffenen“ anstelle von „Opfern“. Auch auf den Zusatz „mutmaßlich“ wird auf Wunsch von Betroffenen verzichtet. Damit soll deutlich werden, dass Personen, die Missbrauchshandlungen melden, nicht mit einer misstrauischen, sondern einer zugewandten Haltung begegnet wird.

Verbindlicher zu Präventionsmaßnahmen verpflichtet

Der Geltungsbereich der Ordnung umfasst alle kirchlichen Stellen und Einrichtungen der jeweiligen (Erz-)Diözese sowie alle kirchlichen Rechtsträger, die der Bischöfe Gesetzgebungsgewalt unterliegen. Die Rahmenordnung Prävention wird ebenfalls in den Amtsblättern der (Erz-)Diözesen veröffentlicht. Unter anderem unterschiedliche gesetzliche Vorgaben in den einzelnen Bundesländern machen in der Regel diözesanspezifische „Ausführungsbestimmungen“ erforderlich, die die konkreten Vorgaben zur Präventionsarbeit in der (Erz-)Diözese festlegen.

Ausdrücklich werden als Adressaten der neugefassten Rahmenordnung Prävention auch die Neuen Geistlichen Gemeinschaften, kirchlichen Bewegungen und Initiativen benannt. Damit werden sie verbindlicher als bisher zu Präventionsmaßnahmen verpflichtet werden.

„In der aktuellen Fassung spiegeln sich die
Erfahrungen und Erkenntnisse wider,
die wir den letzten Jahren gewonnen haben.“
Stephan Ackermann, Bischöfe von Trier

Neu enthalten sind die Begriffe der „sekundären“ und „tertiären“ Prävention. Sie unterstreichen den mehrdimensionalen Ansatz von Prävention: Prävention im Sinne der Rahmenordnung will mit geeigneten Maßnahmen sexualisierten Übergriffen vorbeugen (primär), die Gewalt erkennen und beenden (sekundär) und das Geschehene aufarbeiten und ausreichend Schutz und Hilfe in Form einer nachsorgenden Prävention (tertiär) anbieten.

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Der Trierer Bischöfe Stephan Ackermann, Beauftragter der Deutsche Bischofskonferenz für Fragen des sexuellen Missbrauchs, sieht die neuen Dokumente positiv: „Die beiden Regelwerke sind aufgrund zahlreicher Rückmeldungen und Hinweise zum zweiten Mal gründlich überarbeitet worden. In der aktuellen Fassung spiegeln sich die Erfahrungen und Erkenntnisse wider, die wir den letzten Jahren gewonnen haben. Diese haben sowohl zu einer Ausweitung des Anwendungsbereichs wie auch zu einer größeren Verbindlichkeit geführt. Dafür bin ich dankbar. Denn das dient der noch konsequenteren Aufdeckung von Fällen sexualisierter Gewalt und einem wirksameren Schutz von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen, die sich anderen im Raum der Kirche anvertrauen.“

DT/mre/DBK

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Redaktion Bischof Deutsche Bischofskonferenz Stephan Ackermann

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