Während der Vatikan jetzt mehrfach mitgeteilt hat, dass sich der gesundheitliche Zustand von Papst Franziskus weiter stabilisiert, mehren sich die Spekulationen über einen möglichen Rücktritt des Pontifex. So hatte der ehemalige Kurienkardinal Gianfranco Ravasi am Donnerstag einem italienischen Radiosender anvertraut, dass er persönlich dem Papst einen derartigen Schritt zutraue. „Wenn er sich in einer Situation befände, in der seine Möglichkeit zum direkten Kontakt mit Menschen stark eingeschränkt wäre, dann glaube ich, könnte er sich für einen Rücktritt entscheiden“, meinte Ravasi, der einst den vatikanischen Kulturrat leitete.
Ähnlich äußerte sich der Erzbischof von Marseille, Kardinal Jean-Marc Aveline. „Alles ist möglich“, sagte er vor Journalisten im Vatikan zur Frage einer möglichen Demission von Franziskus. Während Ravasi am heutigen Freitag im Interview mit einer italienischen Zeitung wieder zurückruderte („Franziskus will das ganze Heilige Jahr absolvieren“), gab das Presseamt des Vatikans am Freitagmorgen wieder eine eher beruhigende Erklärung zum Krankheitsverlauf des Papstes heraus: Der Heilige Vater habe eine ruhige Nacht verbracht und sei zum Frühstück aufgestanden. Er sei fieberfrei, und die Blutwerte seien weiterhin stabil.
Das Ereignis des Jahres
Völlig offen ist jedoch, wann Franziskus die römische Gemelli-Klinik wieder verlassen kann. Und ob er das eng getaktete Programm an Audienzen wieder aufnehmen wird und auch wieder zu Auslandsreisen aufbricht. Von einigen Pastoralbesuchen außerhalb Italiens im Jahr 2025 war zwar die Rede – etwa nach Argentinien –, aber offiziell angekündigt wurde bisher keiner. Sicher ist nur, dass der Papst zum 1.700 Jahrestag des Konzils von Nizäa in die Türkei reisen will.
Dort, wo das Konzil im Jahr 325 zusammenkam, liegt heute die Ortschaft Iznik. Ein ökumenisches Treffen, zu dem der Orthodoxe Patriarch Bartholomäus I. einlädt, soll nach Insider-Informationen aus dem Vatikan am 24. Mai stattfinden. Offiziell bestätigt ist die Jubiläumsfeier noch nicht. Auch steht sie unter einem ungünstigen Stern: Die Orthodoxie ist nicht zuletzt wegen des Angriffs Russlands auf die Ukraine gespalten, dasselbe gilt für die anglikanische Weltgemeinschaft, und die protestantischen Kirchengemeinschaften haben kein großes Interesse an dieser Ökumene-Feier. Zudem ist die einzige Kirche, die in Iznik stand, heute eine Moschee.
Normaler Alltag rund um den Vatikan
Im Vatikan bereiten zwei Teams dieses ökumenische Ereignis in der Türkei vor: Eine Arbeitsgruppe im Staatssekretariat, die für die Papstreise als solche zuständig ist, und eine Arbeitsgruppe im Dikasterium für die Einheit der Christen, die im Austausch mit dem orthodoxen Patriarchat im Istanbul für den inhaltlichen Ablauf des Jubiläumstreffens verantwortlich zeichnet.
In der Kurie geht die Arbeit also weiter, nichts deutet darauf hin, dass man sich auf eine Demission des Papstes oder ein Konklave vorbereitet. Auch sind die internationalen Medien mit ihren Teams noch nicht angerückt. Sollte sich der Zustand des Papstes deutlich verschlechtern, würde wieder die Tribüne für die Kameras auf der Piazza Papa Pio XII vor dem Petersplatz aufgebaut. Doch von solchen Aktivitäten ist nicht die geringste Spur zu sehen. DT/gho
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