Der italienische Kurienerzbischof Vincenzo Paglia, der bis vor kurzem Leiter der Päpstlichen Akademie für das Leben war, ist überzeugt, dass Papst Leo XIV. Franziskus' Vision weiterführen wird. Im Interview mit „katholisch.de“ erklärte er am Dienstag, er sehe eine große Kontinuität zwischen beiden Pontifikaten, besonders im Hinblick auf soziale und bioethische Fragen. Das Evangelium bleibe dasselbe, aber die Zeiten änderten sich, „und wir müssen in ihnen die Antworten auf die heutigen Fragen suchen“. Hier sieht der emeritierte Erzbischof Papst Leo in Franziskus‘ Fußstapfen. Wörtlich sagte er: „Schon mit der Namenswahl stellt sich Papst Leo XIV. auf den Weg der Soziallehre der Kirche.“
Mit Blick auf Franziskus‘ Schreiben „Laudato si’" und „Fratelli tutti" sprach sich der 80-Jährige für eine globale Bioethik aus. Es sei im Sinne von Papst Franziskus, dass es in der Theologie und insbesondere der Moraltheologie ständige Forschung und einen kontinuierlichen Dialog zwischen Wissenschaft und Glauben geben müsse, erklärte Paglia. Es gebe keine Grenze zwischen Wissenschaft und Glauben; „Es gibt nur den kontinuierlichen Dialog", ohne dass die Kirche dabei den zentralen Punkt ihrer Verkündigung vergessen dürfe; „den letzten Satz des Credos: Ich glaube an die Auferstehung der Toten und das ewige Leben“.
Paglia plädiert für „neuen Humanismus"
Konkret gehe es darum, zu fragen, ob Kriege, Konflikte, Geburtenrückgang, Ungerechtigkeiten und Ungleichheiten von Gott gewollt seien, „wie manche protestantischen Strömungen meinen“, oder sie „Folge der Kurzsichtigkeit und Gier von uns Menschen“ sind - und was die Antwort des Evangeliums darauf sei. An diesen Fronten brauche es ständige Forschung auch seitens der Kirche, so Paglia.
Eine Ausweitung der Themenbereiche ohne „Abkehr vom ursprünglichen Auftrag der Akademie“, den Johannes Paul II. festgelegt hatte, habe auch Papst Franziskus gewollt. „Wir haben nur einen Planeten, auf dem wir leben können, und wir müssen ihn bewahren, um ihn den kommenden Generationen zu hinterlassen“, sagte der Erzbischof und plädierte für „einen neuen Humanismus, einen zukunftsgerichteten Impuls, der sagt: Schluss mit Kriegen und Konflikten, ja zum vollen Leben für alle und jeden“. DT/dsc
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