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Der stille Architekt des Vatikans

Kardinal Parolin kann auf eine steile Karriere in der römischen Kurie zurückblicken und gilt als einer der Favoriten beim kommenden Konklave. Teil II unserer Papabili-Reihe.
Kardinal Pietro Parolin gilt in den Medien als Favorit beim kommenden Konklave.
Foto: IMAGO/ABACAPRESS | Kardinal Pietro Parolin gilt in den Medien als Favorit beim kommenden Konklave.

Am vergangenen Sonntag feierte Kardinal Pietro Parolin auf dem Petersplatz eine Trauermesse für den verstorbenen Papst Franziskus. In seiner Predigt sagte er: „Wir müssen sein Vermächtnis annehmen und es mit Leben füllen, indem wir uns der Barmherzigkeit Gottes öffnen und auch selbst barmherzig miteinander umgehen.“ Diese Barmherzigkeit lösche „das Feuer des Misstrauens, des Hasses und der Gewalt“, so der bisherige Kardinalstaatssekretär. Mit dieser Predigt nutzte Parolin seine Gelegenheit, im Rahmen der Trauerzeit sowie kurz vor dem anstehenden Konklave einen eigenen Akzent zu setzen. 

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Geboren wurde Parolin, der auch das am 7. Mai beginnende Konklave leiten wird, am 17. Januar 1955 in der Gemeinde Schiavon in der norditalienischen Provinz Vicenza. Bereits mit 14 Jahren trat Parolin in das Knabenseminar von Vicenza ein und wurde 1980 im Alter von 25 Jahren zum Priester geweiht. Nach seinem Studium des Kanonischen Rechts an der Päpstlichen Universität Gregoriana und der Ausbildung an der Päpstlichen Diplomatenakademie begann er 1986 seinen Dienst im diplomatischen Korps des Heiligen Stuhls mit Stationen in Nigeria und Mexiko. In Mexiko spielte er eine entscheidende Rolle bei der Wiederaufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen dem Vatikan und dem Land nach über einem Jahrhundert der Trennung.

Zurück in Rom arbeitete Parolin ab 1992 in der Sektion für die Beziehungen mit den Staaten des Staatssekretariats. 2002 wurde er zum Untersekretär dieser Abteilung ernannt und war maßgeblich an sensiblen diplomatischen Missionen beteiligt, darunter Verhandlungen mit Vietnam, Nordkorea und Israel. Seine Expertise in internationalen Angelegenheiten und sein Engagement für den interreligiösen Dialog machten ihn zu einer zentralen Figur in der vatikanischen Diplomatie.

Von Franziskus zum Kardinalstaatssekretär berufen

Im Jahr 2009 ernannte ihn Papst Benedikt XVI. zum Apostolischen Nuntius in Venezuela und zum Titularerzbischof von Acquapendente. In dieser Rolle konnte er wertvolle Erfahrungen in einem politisch herausfordernden Umfeld sammeln. Vier Jahre später, 2013, berief ihn Papst Franziskus zum Kardinalstaatssekretär, dem zweithöchsten Amt im Vatikan. In dieser Funktion war Parolin nicht nur der engste Berater des Papstes, sondern auch dessen Vertreter bei zahlreichen internationalen Anlässen. Vor diesem Hintergrund dürfte der Kardinal theologisch und kirchenpolitisch grundsätzlich auf der Linie des verstorbenen Pontifex sein. 

Besonders hervor trat Parolin bei der Wiederaufnahme der Beziehungen zwischen den USA und Kuba im Jahr 2014. Der Heilige Stuhl spielte bei dieser historischen Annäherung eine bedeutende Rolle. Parolin moderierte im Oktober 2014 ein entscheidendes Treffen zwischen den Kubanern und Vertretern der Vereinigten Staaten von Amerika, das zu einem erfolgreichen Abschluss der Verhandlungen beitrug.

Im Jahr 2023 teilte Parolin den deutschen Bischöfen in einer offiziellen Note mit, dass die kirchliche Lehre zur Homosexualität und der nur Männern vorbehalten Priesterweihe nicht zur Verhandlung stünden. Bezüglich dem Beschluss des Synodalen Wegs zur Segnung Homosexueller äußerte sich der Kardinal kritisch. 

Zentrale Figur in kirchlicher Hierarchie

Er betonte, dass der Heilige Stuhl bereits klar Stellung zu diesem Thema bezogen hätte und dass es nicht im Ermessen einer Ortskirche liege, Entscheidungen zu treffen, die die Weltkirche betreffen würden. Beim Thema „Frauenweihe“ bezog sich Parolin auf das apostolische Schreiben „Ordinatio sacerdotalis“ von Papst Johannes Paul II., in dem dieser den Ausschluss von Frauen von der Priesterweihe noch einmal bekräftigte. 

Kritisch ist Kardinal Parolins Haltung nicht nur gegenüber dem Synodalen Weg, sondern auch gegenüber der überlieferten Messe. Zwar übermittelte er 2014 im Namen von Papst Franziskus freundliche Botschaften an traditionalistische Katholiken, unterstützte dennoch entschieden das Motu proprio „Traditionis custodes“ aus dem Jahr 2021, das deutliche Einschränkungen für die sogenannte „Alte Messe“ vorsieht. Parolin betrachtet besagtes Dekret als wichtigen Schritt zurück zum „reinen“ Zweiten Vatikanischen Konzil und verbindet es mit weiteren Reformen von Papst Franziskus wie „Amoris laetitia“. Im Juni 2024 wurden Vorwürfe laut, er setze sich für eine noch stärkere Einschränkung bis hin zu sogar einem möglichen vollständigen Verbot der Tridentinischen Messe ein. Parolin dementierte diese Anschuldigungen jedoch.

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Nach dem Tod von Papst Franziskus am 21. April wird Parolin in den Medien als einer der aussichtsreichsten Kandidaten für dessen Nachfolge gehandelt. Seine langjährige Erfahrung und seine diplomatische Expertise machen ihn zu einem Favoriten im bevorstehenden Konklave. Unabhängig vom Ausgang der Papstwahl bleibt Pietro Parolin eine zentrale Figur in der Hierarchie der katholischen Kirche. 

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