Noch fehlen in Rom vier der im Konklave wahlberechtigten Kardinäle. Aus gesundheitlichen Gründen dagegen definitiv abgesagt haben die Kardinäle Antonio Cañizares Llovera, emeritierter Erzbischof von Valencia, und Kardinal John Njue, emeritierter Erzbischof von Nairobi, wie das vatikanische Presseamt am Freitag mitteilte. Es geht also in die Zielgerade, bis dann am Mittwoch voraussichtlich 133 Papstwähler in die Sixtinische Kapelle einziehen werden.
Gesprochen wird in den Generalkongregationen über vieles. Am Freitagvormittag ergriffen 25 Purpurträger das Wort. Das Presseamt nennt nur die Themen, ohne die unterschiedlichen Sichtweisen darzustellen. Besondere Aufmerksamkeit sei den Kirchen des Ostens gewidmet worden, die von Leiden, aber auch von einem starken Glaubenszeugnis geprägt seien. Das Zeugnis der gegenseitigen Liebe sei die erste Verkündigung, die es für eine wirksame Vermittlung des Evangeliums brauche, dagegen seien sexueller Missbrauch und Finanzskandale „offene Wunden“, die aber, wie Vatikansprecher Matteo Bruni sagte, von den Teilnehmern als „eine Wunde“ angesprochen wurden, die „offen“ gehalten werden müsse, damit das Bewusstsein für das Problem lebendig bleibe und konkrete Wege zu seiner Heilung aufgezeigt werden könnten. Die zentrale Bedeutung der Liturgie und die Wichtigkeit des Kirchenrechts seien ebenso Themen gewesen wie der Wert der Synodalität in ihrer Beziehung zur Mission und zur Kollegialität und die Rolle der Eucharistie, auch im Rahmen des Evangelisierungsauftrags der Kirche.
Ein Angriff auf Papst Franziskus
So harmonisch, wie das in den offiziellen Mitteilungen klingt, geht es in der Synodenaula, in der die Generalkongregationen stattfinden, aber nicht immer zu. Dem irischen Vatikanisten Gerard O’Connell etwa wurde das Redemanuskript von Kardinal Beniamino Stella zugespielt, der dann im Jesuiten-Magazin „America“ ausführlich über den „offenen Angriff auf Franziskus“ aus dem Mund des 83-jährigen emeritierten Präfekten der damaligen Klerus-Kongregation berichtet hat. Stella habe Franziskus angelastet, dass dieser die langjährige Tradition der Kirche „umgangen“ und „seine eigenen Ideen durchgesetzt“ habe, indem er etwa Führungspositionen in der Römischen Kurie für Männer und Frauen geöffnet habe, die nicht die heiligen Weihen empfangen haben. Diese wichtige Änderung habe der Papst in der Apostolischen Konstitution zur Kurienreform von 2022 vorgenommen. Damit habe Franziskus die Leitungsgewalt in der Kirche von der Weihe getrennt zum ersten Mal eine Frau zur Präfektin des Dikasteriums für die Institute des geweihten Lebens und die Gesellschaften des apostolischen Lebens ernannt.
Ein weiterer Kardinal, der laut O’Connell ebenfalls anonym bleiben wollte, habe das so kommentiert, dass manche Teilnehmer über die Intervention Stellas deshalb erstaunt waren, weil dieser entschieden für eine Wahl von Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin zum Papst werbe. Kardinal Stella habe „hart daran gearbeitet hat, die Kardinäle zu überzeugen, im Konklave für Kardinal Parolin zu stimmen“. Stellas Argumentation sei die, „dass es nach dem Pontifikat von Franziskus, das für Unordnung und Verwirrung gesorgt hat, eine diplomatische und gemäßigte Figur wie den Staatssekretär braucht, um die Dinge wieder in Ordnung zu bringen“, soll ein italienischer Bischof dem Journalisten O’Connell anvertraut haben. In den italienischen Medien gilt Parolin als aussichtsreichster Kandidat im kommenden Konklave. (DT/gho)
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