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„Der ideale Papst ist ein charismatischer Christ“

Was braucht die Kirche nun? Der US-amerikanische Papstbiograf George Weigel über die Aufgaben des nächsten Papstes und Franziskus, den „autokratischsten Papst seit Jahrhunderten“.
George Weigel,  US-amerikanische Papstbiograf
Foto: Courtesy Everett Collection via www.imago-images.de (www.imago-images.de) | Die Päpste im Blick: Papstbiograf George Weigel.

Der US-amerikanische Theologe und katholische Publizist George Weigel wurde als Biograf Johannes Paul II. bekannt. In seinem 2020 erschienen Werk „The Next Pope: The Office of Peter and a Church in Mission“ forschte er auf Grundlage seiner persönlichen Gespräche mit den Päpsten Johannes Paul II., Benedikt XVI. und Franziskus danach, welchen Herausforderungen das nächste Pontifikat gegenüberstehen wird. Für „Die Tagespost“ beantwortete er schriftlich folgende Fragen:

George Weigel, welche Führungsqualitäten, spirituellen Einstellungen und theologischen Schwerpunkte sollte der nächste Papst verkörpern, um eine zunehmend zersplitterte Weltkirche wieder zu vereinen?

Der ideale Papst ist ein charismatischer Christ, der die Freude des Evangeliums ausstrahlt, andere zur Mission berufen kann und in der Lage ist, einen zunehmend dysfunktionalen und finanziell angeschlagenen Vatikan zu leiten. Das ist eine hohe Anforderung, aber wir müssen auf einen Papst hoffen, der seine eigenen Stärken und Schwächen erkennt und der Männer und Frauen um sich versammelt, die ihm bei dieser sehr schwierigen Aufgabe helfen können. Was die zersplitterte Weltkirche angeht, so besteht die „Zersplitterung“ vor allem zwischen den lebendigen und den sterbenden Teilen der Kirche. Die lebendigen Teile bekennen sich voll und ganz zum Katholizismus. Die sterbenden Teile machen zahlreiche Zugeständnisse an die säkulare Kultur. Daraus sollte jeder seine Schlüsse ziehen.

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Gibt es Ihrer Meinung nach ein bestimmtes theologisches oder kirchliches Profil, das im kommenden Konklave besonders gefragt sein wird – und warum?

Es ist unerlässlich, dass der neue Papst, wie jeder Papst, davon überzeugt ist, dass das Evangelium die Wahrheit über die Welt und die Wahrheit über den Menschen, das Wesen des Menschen, ist. Es gibt viele Möglichkeiten, diese Überzeugung theologisch auszudrücken. Aber die Überzeugung kommt zuerst.

Wie sollte der nächste Papst mit der Spannung zwischen Tradition und Reform umgehen, um die Glaubwürdigkeit und den Zusammenhalt der Kirche zu stärken?

Jede authentisch katholische Reform ist eine Reform in Kontinuität mit der Tradition, um der Evangelisierung willen. Genau das war die Lehre des Zweiten Vatikanischen Konzils.

Welche Veränderungen in der Rolle des Papsttums selbst hat Papst Franziskus eingeleitet, und wie nachhaltig sind diese Ihrer Meinung nach?

Trotz gegenteiliger Darstellungen und Verzerrungen in den Medien war Papst Franziskus der autokratischste Papst seit Jahrhunderten. Der nächste Papst sollte einen geordneteren und kollegialeren Entscheidungsprozess auf den höchsten Ebenen der kirchlichen Autorität wiederherstellen.

Was wird langfristig vom Pontifikat von Papst Franziskus bleiben – auf theologischer, pastoraler und institutioneller Ebene?

Papst Franziskus war eher ein Seelsorger als ein Theologe, und man wird sich vor allem an sein starkes Engagement für die Armen, Ausgegrenzten und Entrechteten erinnern.

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