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Pfingsten 2024: Wenn Gott anklopft

„Sehnsucht tief in unserem Innern“: 600 Jugendliche feierten und beteten drei Tage in Ulm.
Hellwache und fröhliche Gesichter: Das Pfingstfest in Ulm hat Jugendliche gestärkt für ihren Alltag als Christen.
Foto: Chrobok | Hellwache und fröhliche Gesichter: Das Pfingstfest in Ulm hat Jugendliche gestärkt für ihren Alltag als Christen.

Ich wünsche mir, dass von dieser Kirche der Geist des Friedens ausgeht!“, sagt Pfarrer Manfred Rehm. Vor ihm: Mehr als 600 Jugendliche in der Ulmer Georgskirche und mehr als tausend am Livestream zuhause. Dieser Geist des Friedens ist der Heilige Geist, um den es an Pfingsten besonders geht. Er ist der Protagonist des Pfingstwochenendes in Ulm, wo der Gebetskreis „Prayersession Schemmerhofen“ der gleichnamigen Kirchengemeinde „Pfingsten Ulm 2024“ veranstaltet. Die Initiative kommt von der Loretto-Gemeinschaft aus Salzburg. Im Jahr 2000 wurde dort das allererste „Fest der Jugend“ an Pfingsten organisiert. Und das hat Wellen geschlagen bis nach Ulm und 28 weiteren Orte im deutschsprachigen Raum. In Ulm trifft man sich in der Georgskirche, einer sogenannten Garnisonskirche, von wo aus Soldaten in den Krieg geschickt wurden. „Wir brauchen einen Geist des Friedens!“, ruft Pfarrer Rehm. Der Kriegsschauplatz junger Menschen heute ist ihr Herz – das umkämpfte Herz, das sich immer wieder neu für Gott und seinen Heiligen Geist öffnen muss.

Bereits am Samstagmorgen betreten die Jugendlichen eine in rotes und blaues Licht getauchte Kirche. Bei strahlendem Sonnenschein beginnt der Lobpreis unter der Leitung von Nadine und Ralf Salamon. Musik ist für den 24-Jährigen eine offene Herzenssprache für viele Menschen. „Jeder kommt mit unterschiedlichen Absichten, aber in der Musik, speziell im Lobpreis, ist man vereint“, sagt er. Seine Frau Nadine ergänzt: „Durch den Lobpreis betet man nicht nur mit dem Herzen, sondern auch mit dem Körper.“ Sie möchte ihren Beitrag dazu leisten, weil sie glaubt, dass Gott in diesen Tagen Großes wirken will und seine Kirche neu ruft – Jeden und Jede individuell. Den Körper als Instrument nutzen – das überträgt sich auf alle Jugendlichen in der Kirche. Der Lobpreis wird auch bei Pfingsten 2024 wieder viele Menschen erreichen, aber das ist nur einer der Pfeiler neben den heiligen Messen und Zeugnissen, die das Pfingstwochenende prägen.

„Es blüht, es atmet, es leuchtet“

Im wahrsten Sinne des Wortes ans Herz geht das Zeugnis von Nadine Salamon. Sie vergleicht das Herz mit einem Garten, der auch gepflegt werden möchte. Gott als Schöpfer ist der Gärtner, „nach dem wir Sehnsucht haben tief in unserem Innern“. Der Mensch sperre ihn zunehmend aus, versuche selbst Schöpfer zu sein und vergisst dabei, dass Gott es ist, der wahre Erfüllung schenken könne. Götzen wie beispielsweise Geld, Ansehen oder auch Sport, Menschenfurcht, Misstrauen und Verurteilung werden zu einer Mauer um das menschliche Herz. Eine Herz-zu-Herz-Beziehung zu sich selbst, zum Nächsten und zu Gott? Unmöglich. Das Herz wird durch diese Sünden dunkel und verbittert. Gott aber gibt nicht auf, klopft an und geht sogar so weit, dass er seinen eigenen Sohn opfert, um diese Mauer zu durchbrechen. Er will eine unbedingte Beziehung mit dem Menschen und klopft deshalb immer wieder an die „Herzenstür“, wie Salamon es nennt. Was ist dann das Ergebnis des Herzens? „Es blüht auf, es atmet, es leuchtet“, unterstreicht Nadine Salamon.

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Diese Freundschaft kann der Mensch pflegen – einerseits durch Gebet, andererseits durch die Beichte, die nicht umsonst „Sakrament der Versöhnung“ genannt wird. Pfarrer Dominic Ehehalt aus Bobingen bei Augsburg nimmt sich am Samstagnachmittag dieses Themas an, das in vielen Pfarreien überhaupt nicht mehr vorkommt. Der Geistliche führt in drei Schritten zur Beichte hin: „Es geht um die Liebe – zu mir selbst, zu meinem Nächsten und zu Gott“. Der Heilige Geist führe die Menschen dazu, Sünden zu bekennen und immer wieder einen neuen Anfang zu wagen. Dann könne auch wieder die Herrlichkeit Gottes in uns aufstrahlen, seine Schönheit, „die wir preisen können in der Gemeinschaft, im Lobpreis, in den Sakramenten.“ Beim Blick in die Heilige Schrift werde es deutlich – vom Anfang bis zum Ende. Er offenbart seine Herrlichkeit schließlich auf krasse Weise in seinem Sohn Jesus. „Wir können von Gott als jemandem sprechen, der als Mensch zu uns gekommen ist“, so Pfarrer Ehehalt in seinem Input. Herrlichkeit ist das Stichwort: „Wir sehen diese Herrlichkeit in der Hingabe Jesu am Kreuz. Er hat sich für uns sogar das Herz verwunden lassen – für dich und mich.“

Mit Hauskreisen geistlich wachsen

Samstagnachmittag gibt es die Möglichkeit, einen von 13 Workshops zu besuchen. Das Angebot reicht von „Beichte leicht gemacht“, „How to Hauskreis“ über kreative Workshops wie „Bible Lettering“ hin zu „Fit & Faith“ – also Workout und Worship und vielen mehr. Monika entscheidet sich für das Thema Hauskreis und erfährt von Timo Blansche, was typisch daran ist: Man stützt und ermutigt sich gegenseitig, sollte aber auch nicht an Ermahnungen sparen – Stichwort „brüderliche Zurechtweisung“. Sich gegenseitig stützen, ermutigen, aber auch ermahnt werden. Es gebe so viele Möglichkeiten, Gott zu erleben, macht Blansche klar und betont das Zukunftspotenzial von Hauskreisen, um geistlich zu wachsen. Das ist nachhaltig, um auch im kleinen Kreis Bibel zu lesen und Gott nachzuspüren.

Ortswechsel: Zurück in der Kirche, möchte Manuel Rupp den Anwesenden die Angst vor der Beichte nehmen. Der 21-jährige kommt aus der Nähe von Biberach und hat zum ersten Mal 2017 in Medjugorje gebeichtet. Auch wenn er anfangs unsicher war und sich sehr überwinden musste, war es letztendlich „total easy und entlastend.“ Eine Woche nach diesem Erlebnis, so erzählt er in sympathischem Schwäbisch, steht er wieder vor dem Schritt – nur dieses Mal bringt er auch Dinge vor Gott, die ihn sehr belasteten, für die je er sich aber sehr schämte und deshalb bei der ersten Beichte nicht erwähnt hatte. Und doch durfte erfahren: „Nichts ist für Gott zu groß, zu klein oder zu peinlich, denn er liebt dich!“ Genauso, wie wir mit einem Freund unausgesprochene Dinge aus dem Weg räumen und damit auch die Beziehung ins Reine bringen könnten, müssten wir in der Beichte die Freundschaft mit Gott erneuern. Diese ehrliche Art von Manuel spricht auch Martina an, die bereits am Nachmittag den Workshop „Beichten leicht gemacht“ besucht hatte. Sie war noch nie beichten, aber konnte erfahren: „Es war schön zu hören, dass es in der Beichte vor allem um die Liebe Gottes und seine damit verbundene Gnade und nicht um die Sünde geht.“

Das habe sie ermutigt, sich beim Abend der Barmherzigkeit in die Schlange der Wartenden einzureihen. 25 Priester erwarten die vielen Jugendlichen während der Anbetung in der Kirche. Es ist eine Atmosphäre, in der man sich Jesus wirklich nahe fühlen kann. Begleitet vom Lobpreis, nutzen viele Jugendliche und Erwachsene die Möglichkeit und beichten. Auch Johanna stellt sich an. Sie bereitet sich momentan auf die Firmung vor und kennt die Beichte noch nicht – bis zu diesem Abend. „Ich fühle mich so entlastet“, sagt sie danach. Die Loretto-Gemeinschaft hat mit der Atmosphäre von Angenommensein, Gebet und Lobpreis Johanna überzeugt: „Beim nächsten Firmtreffen erzähle ich stolz von dem, was ich an Pfingsten in Ulm erlebt habe!“

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