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Petrus: Vom Angeber zum Märtyrer

Mit einer Videoprojektion auf die Fassade des Petersdoms wird zwei Wochen lang der Fischer und Apostel lebendig, der unter der Basilika begraben liegt. Er war leidenschaftlich, impulsiv und etwas großspurig, aber doch in der Lage, das entscheidende Bekenntnis abzulegen.
Petrus Statue mit dem Schlüssel auf der Piazza San Pietro, Vatikan
Foto: imageBROKER/Petr Svarc via www.imago-images.de (www.imago-images.de) | Kein unerreichbar strahlender Held, den man nicht nachahmen könnte: Der Apostel Petrus, hier als Statue auf dem Petersplatz in Rom.

Seit Anfang Oktober wird die Fassade des Petersdoms in Rom jeden Abend zur Videoleinwand. Zwei Wochen lang wird mithilfe von gewaltigen Projektoren allabendlich ab 21 Uhr ein neunminütiger Videoclip an die Wand geworfen. „Follow Me – das Leben des Petrus“ heißt der Film, der die wichtigsten Stationen des ersten Papstes nacherzählt. Bei der Premiere am 2. Oktober trat sogar Star-Tenor Andrea Bocelli auf und verlieh diesem Anlass einen besonders feierlichen, internationalen Flair. Und es war wirklich gigantisch zu sehen, wie die Bilder über die ikonische Fassade des Petersdoms flatterten, während der Petersplatz und alles drumherum dunkel waren.

Ich habe mich gefragt, ob sich der Galiläer Simon, genannt Petrus, damals hätte träumen lassen, 2 000 Jahre später als fette Videoproduktion auf der Fassade eines der größten Sakralgebäude der Welt zu landen, das sogar nach ihm benannt wurde und über seinem Grab steht. Immerhin war Petrus damals selbst nach Rom gekommen, nachdem seine Gruppe nach dem Tod und der Auferstehung seines Anführers in die ganze Welt hinausgesandt wurde, um eben diese völlig verrückte Botschaft zu verbreiten: „Unser Anführer wurde hingerichtet, ist aber wieder auferstanden und lebt. Und: Er ist übrigens der Sohn Gottes!“

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Stark, aufbrausend und doch ängstlich

Ich mag Petrus sehr. Jedes Mal, wenn ich in den Evangelien lese, sehe ich diesen Mann förmlich vor mir, diesen starken, aufbrausenden und doch wieder so ängstlichen Charakter. Einer, der von Christus zum „Felsen“ ernannt wurde mit dem Auftrag, die Truppe zusammenzuhalten, obwohl er weder die kluge, mitfühlende Umsicht eines Johannes, noch die mitreißende Sprachgewalt eines Paulus besaß.

Dennoch bleibt Petrus mein „Lieblingsapostel“. Ich liebe es, wie er impulsiv, leidenschaftlich, wenn auch häufig etwas sprunghaft, genau das vom Evangelium lebt, was er verstanden hat. Er ist kein strahlender Held, der so sehr von Heroismus strotzt, dass man als Gläubiger in Ehrfurcht erstarrt und es dadurch unmöglich wäre, ihn nachzuahmen.

Faszinierende Resilienz

Ein seltsamer Typ betritt dein Boot und sagt dir, du sollst am helllichten Tag fischen. Petrus hält ihm erst einmal einen Vortrag über das Wesen der Fischerei und die geringen Erfolgschancen eines solchen Unternehmens. Der Fremde lässt sich trotzdem nicht abbringen. Nun gut, Petrus probiert es aus und fängt so viele Fische, dass die Netze fast reißen. Also lässt er alles stehen und liegen und folgt diesem Fremden nach, der sich „Jesus“ nennt. Und so geht es weiter. Petrus ist der einzige, der im Übermut seine Angst vergisst und aus dem Boot steigt, um Christus über das Wasser entgegenzulaufen (selbstredend kommen dann die Zweifel wieder und Petrus ertrinkt beinahe). Petrus ist der einzige, der Christus von der Kreuzigung abhalten will (und kriegt dafür wieder eins auf den Deckel). Und dann schleicht er sich sogar mitten in die Höhle des Löwen, um nahe beim gefangenen Herrn zu sein – und lässt sich dann von einer einfachen Magd völlig aus dem Konzept bringen, die ihn erkennt. Enttäuscht von sich und zutiefst beschämt rennt er heulend davon.

Was mich an unserem ersten Papst so fasziniert, ist genau diese Resilienz gegen das Auf-die-Nase-fallen. Er ist leidenschaftlich, manchmal zu großspurig und versagt häufig dann, wenn es eigentlich darauf ankäme. Er ist wie Sie und ich.

Doch dann sitzt er eines Morgens dem Auferstandenen gegenüber, schaut traurig auf den Boden und das einzige, was er herausbringt, sind die entscheidenden Worte: „Herr, du weißt, dass ich dich liebe.“ Diese Stärke hat Petrus letztlich nach Rom gebracht. Und ans Kreuz. Dann allerdings auch in den Himmel zu Gott.

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