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Spaemann: „Enthaltsamkeit ist ein erheblicher Schutzfaktor“

Vertragen sich Homosexualität und Zölibat? Der Psychologe Christian Spaemann sieht darin kein Ausschlusskriterium per se - warnt aber dennoch.
Christian Spaemann über Priester und Homosexualität
Foto: privat | In der Priesteramtskandidaten sollte „die Vertiefung in die Theologie des Leibes von Johannes Paul II. Standard werden", findet Christian Spaemann, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie.

Im Zuge des Synodalen Weges wird das Thema Sexualität und die Frage nach der Kompatibilität von Homosexualität und Priesteramt kontrovers diskutiert. Für Christian Spaemann, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, ist die Homosexualität per se kein Ausschlusskriterium für das Priesteramt. Dennoch gebe es Gründe, die von Seiten der Kirche wie aus wissenschaftlicher Sicht dagegen sprächen — besonders auch im Kontext sexuellen Missbrauchs. 

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Wie Spaemann erklärt, belegten zahlreiche Studien, dass 80 Prozent der Missbrauchsfälle durch Priester homosexueller Natur seien — eine Rate, die „weit über dem vermuteten Anteil Homosexueller an der Priesterschaft in den untersuchten Ländern“ liege. Pädophilie komme „bei Homosexuellen generell um das Vielfache häufiger“ vor als bei Heterosexuellen. Gleiches gelte für die Promiskuität — „auch in Gesellschaften, in denen Homosexualität voll akzeptiert ist“, erklärt Spaemann.

Unwissenheit in Bezug auf Humanwissenschaften 

Weitere Studien zeigten, dass „eingeübte Enthaltsamkeit ein ganz erheblicher Schutzfaktor in Hinblick auf Missbrauch“ sei — und nicht umgekehrt, wie manche behaupten würden. Dies werde „von den Verantwortlichen in der Kirche größtenteils systematisch unter den Teppich gekehrt, negiert oder kleingeredet“, kritisiert Spaemann.

Anders als behauptet werde, entstehe Pädophilie nicht dadurch, dass „Priester so verklemmt sind und so sehr unter sexuellen Druck geraten, dass sie sich an Kindern vergreifen“. Auch herrsche „eine enorme Unwissenheit, gerade was die wirklichen Erkenntnisse der Humanwissenschaften anbelangt“, stellt Spaemann fest. Ohne zu konkretisieren, „um welche Erkenntnisse es sich hier handeln soll", würde gefordert, „den Priesterstand offiziell für Homosexuelle" zu öffnen.

Gefahr der Netzwerkbildung

Spaemann sieht durch das Eindringen von Homosexualität in den Priesterstand die Gefahr der Netzwerkbildung, wie sie das Münchener Missbrauchsgutachten festgestellt habe. Ein heterosexueller „gefallener“ Mönch oder Priester würde sich entweder von seiner Freundin trennen „oder das Kloster bzw. den Priesterstand verlassen, um mit ihr ein neues Leben zu beginnen“. Der homosexuelle Mönch oder Priester tue dies nicht. „So entstehen Netzwerke, die die Kirche auf allen hierarchischen Ebenen durchdringen.“

Wenn zwei von 30 Mönchen Beziehungen zu einer Frau hätten, würde dies das Kloster „nicht aus dem Gleichgewicht bringen". Dagegen solle man sich vorstellen, was passiere, wenn „im gleichen Konvent homosexuelle Beziehungen unter den Mönchen entstehen".

Theologie des Leibes in Priesterausbildung integrieren

Der Psychologie plädiert dafür, „die Vertiefung in die Theologie des Leibes von Johannes Paul II." als Standard in die Priesterausbildung zu integrieren. Priesteramtskandidaten sollten, was die Sexualmoral betrifft, „eindeutig im Sinne der kirchlichen Tradition geprägt werden und lernen, Sexualität positiv in ihrer leiblichen, seelischen und geistigen Bedeutung zu verstehen“.

In der Geschichte habe es in den letzten 2.000 Jahren schließlich genug „Gefallene“ gegeben. Das gleichgeschlechtliche Priesterseminar oder Kloster solle aber „ein Schutzraum und kein Hort der Versuchung sein“, so der Psychologe.  DT/dsc

Lesen sie das vollständige Interview zum Thema Homosexualität und Priesteramt in der kommenden Printausgabe der "Tagespost".

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