Logo Johann Wilhelm Naumann Stiftung Katholiken in Großbritannien

So wollen Englands Pfarreien die Gotteserfahrung lebendiger machen

Der „Catholic Parish Summit“ soll Gläubige in Großbritannien stärker vernetzen. Bei einem Einführungsabend wurden die wesentlichen Herausforderungen definiert.
Zukunft des katholischen Lebens in Großbritannien
Foto: IMAGO/Deep Nair (www.imago-images.de) | Vaughan-Spruce bezeichnete es als bemerkenswert, dass zunehmend bekannte Persönlichkeiten  Interesse am Christentum zeigten.

Coaching für Pfarreien, Hilfe dabei, die Kirche vor Ort zu einem Raum lebendiger Gotteserfahrung zu machen, ist das Kerngeschäft des in Kanada entwickelten MIssionsprogramms „Divine Renovation“. Auf dem „Catholic Parish Summit“, der vom 12. bis 14. Juni im britischen Harrogate stattfindet und von dem Leitsatz „Deine Gemeinde zählt jetzt mehr denn je“ getragen ist, wird die aktuelle Lage in den Gemeinden weltweit in den Blick genommen werden.

Lesen Sie auch:

Unter dem Motto „Sent or stuck, where are your people going“ fand am 17. April ein Einführungsabend statt, der das Gipfeltreffen der Pfarreien vorbereiten sollte. Jordan Kelly und Brendan Thompson, neuer Direktor des Medienapostolats „Word on Fire“ in Großbritannien, führten die zahlreichen per Zoom zugeschalteten Teilnehmer in den Abend ein. 

Zwei Phänomene prägen die Kirche

Zwei Phänomene prägen derzeit die Kirche. Zum einen sind die Sprache und die geistliche Grundhaltung, die den Aufbruch der Kirche tragen, in vielen Gemeinden heute stärker verwurzelt denn je. Zum anderen gibt es vielerorts ein Gefühl, im Sumpf der Probleme steckenzubleiben. Der Titel des Abends, sinngemäß übersetzt mit „Gesendet oder steckengeblieben? Wohin gehen wir?“, brachte dieses Phänomen treffend auf den Punkt. Es betrifft nicht nur die katholische Kirche, sondern auch andere Konfessionen und ist insofern zugleich Teil der Gespräche innerhalb der ökumenischen Bewegung. Die Begegnung mit Christen anderer Konfessionen aber bedarf des Wissens um das je eigene. In dieser Situation ist die Vorbereitung auf das Gipfeltreffen der katholischen Pfarreien umso bedeutsamer. 

Wir sind heute in einer besonderen Situation. „Die Kirche ist in gewisser Weise daran gewöhnt, zu sterben und wieder aufzuerstehen“, betonte Brendan Thompson. Der katholische Gipfel werde eine Gelegenheit sein, einen Heilungsprozess in der Kirche einzuleiten, fügte er hinzu. Dabei sei es wichtig, im Blick zu haben, dass sich die Situation in Großbritannien stark von der in den USA unterscheide. In den USA gebe es so viele Katholiken wie Großbritannien Einwohner habe. Man müsse daher in anderen Dimensionen denken. Auch sei die Vernetzung der Gläubigen in England weniger stark ausgeprägt. Dies sei etwas, das der „Catholic Parish Summit“ verändern helfen könne.

Der zweite Teil des Abends war der Diskussion gewidmet, die Hannah Vaughan-Spruce, Leiterin von Divine Renovation UK, moderierte. Die Teilnehmer des Panels waren Stephen Foster, Gemeindeleiter und Alpha-Mitarbeiter, Pippa Baker, Vollzeit-Missionarin mit Schwerpunkt auf kirchenmusikalischer Verkündigung, und Pfarrer George Elsbett von der Projektgemeinde Johannes Paul II. In Wien.

Die nicht kirchlich Sozialisierten erreichen

Vaughan-Spruce bezeichnete es als bemerkenswert, dass zunehmend bekannte Persönlichkeiten  Interesse am Christentum zeigten. Foster berichtete von zahlreichen Neubekehrungen junger Menschen im Alter zwischen 18 und 20 Jahren, die nicht kirchlich sozialisiert worden seien. Die Begegnung mit ihnen erweist sich deshalb in der Regel als leichter, da keine negativen Erfahrungen überwunden werden müssten, weil der Glaube und die Gemeinschaft der Kirche ganz neu erfahren würden.

Baker berichtete ebenfalls über ihre Erfahrungen mit jungen Menschen, deren tiefe Sinnsuche und die Offenheit für den Glauben. Zu entdecken, dass es etwas Größeres als die je eigene Lebensgeschichte gebe, sei eine Antwort auf dieses Sehnen. Dieses „Mehr“ gelte es auch und vor allem von denen zu bewahren, die in der missionarischen Arbeit tätig seien. Denn über Strukturdebatten gehe die Freude am Glauben oft ebenso verloren wie die persönliche Erfahrung der Begegnung mit Jesus Christus, konstatierte Baker.

Pfarrer George Elsbett aus Wien berichtete über die zunehmende Säkularisierung in Deutschland und Österreich, wo nur noch vier Prozent der Kirchenmitglieder die Lehre der Kirche als relevant für ihr Leben betrachteten. Der realistische Blick auf die Wirklichkeit zeige: Ein Hineinwachsen in den Glauben, wie es in früheren Jahrhunderten stattgefunden habe, sei nicht mehr zu erwarten. Darauf müssten die Gemeinden sich in ihrer pastoralen Arbeit einstellen.

Beten, beten, beten

Hannah Vaghan-Spruce fragte nach konkreten Maßnahmen, um dieser Situation zu begegnen. Stephen Fosters Antwort war eindeutig: beten, beten, beten – und dann in Beziehung zu denen treten, die man in die Kirche einladen wolle. Den Primat des Gebetes betonte auch Elsbett. Zugleich machte er darauf aufmerksam, dass das Bewusstsein, eine missionarische Kirche zu sein, auch dazu einlade, nicht auf den Erfolg zu schauen, sondern eine gelassene Grundhaltung zu entwickeln, mit der man akzeptiere, dass man auch vergeblich laufen könne. Zugleich gelte es, die Gemeinde personell und räumlich so einladend zu gestalten, dass ein Raum gerade für diese Menschen entstehe.

Ein wichtiger Aspekt in der Katechese ist es, im Blick zu haben, was junge Menschen abschreckt. Pippa Baker ermutigte alle Gemeinden, mit offenen Augen durch ihre Pfarrei zu gehen und zu fragen: „Leben wir den Glauben so, gestalten wir Gemeinde so, dass junge Menschen sich eingeladen fühlen, radikale Nachfolger Jesu zu werden?“ Aus ihrer Gemeinde berichtete sie über das Beispiel einer Fastenaktion, bei der eine Gruppe von Gläubigen, unterstützt vom Gebet der Gemeinde als Opfer für junge Menschen, die sie für die Gemeinde habe gewinnen wollen, auf mehr und mehr Nahrungsmittel verzichtet habe. Als sie ihr Fasten brachen und das Ende ihrer Aktion mit einem Fest begingen, seien nicht nur sehr viele Gemeindemitglieder erschienen, sondern auch diejenigen, für die sie persönlich gebetet hätten. Ein kleines Wunder, stellte Baker fest – eines von vielen, das sie in ihrer Missionsarbeit erlebt habe. 

George Elsbett forderte dazu auf, die eigene Liebe zu Jesus im Alltag sichtbar aufscheinen zu lassen. Denn gerade die Überzeugungskraft des Lebensbeispiels, der gelungenen Beziehung mit Gott, sei grundlegend, um Menschen für Gott zu gewinnen.


Wer sich mit oder für seine Gemeinde am Catholic Parish Summit beteiligen will, kann sich unter www.catholicparishsummit.com anmelden. Ebenfalls möglich ist es, sich als Gebetspartner zu beteiligen. Die Anmeldung ist hier möglich.

Die Printausgabe der Tagespost vervollständigt aktuelle Nachrichten auf die-tagespost.de mit Hintergründen und Analysen.

Themen & Autoren
Barbara Stühlmeyer Gemeindeleiter Jesus Christus Johannes Paul II. Katholikinnen und Katholiken Pfarrer und Pastoren Ökumene

Weitere Artikel

In Amerika nimmt das Christentum eine neue Gestalt an: Es wird moderner und liebt doch zugleich die Tradition.
31.03.2024, 15 Uhr
Markus Günther

Kirche

Polemik, Intransparenz und rechtsfreie Räume konterkarieren das Ideal der bischöflichen Communio.
02.05.2024, 21 Uhr
Regina Einig
2003 sprach Papst Johannes Paul II. einen Priester heilig, durch dessen geistliche Schule viele der Märtyrer gegangen waren: José María Rubio.
02.05.2024, 11 Uhr
Claudia Kock