James Harrison ist einer der vier jungen Amerikaner, die die Missionsbewegung „FOCUS“ (Fellowship Of Catholic University Students) 2018 auf Anfrage des Passauer Bischofs Stefan Oster nach Deutschland brachten. Der Auftrag von FOCUS ist es, die Hoffnung und die Freude des Evangeliums mit Universitätsstudenten zu teilen. Bibelgruppen, regelmäßige Gebets- und Freizeitevents, wie die Seek-Konferenz an Silvester, und nicht zuletzt die persönlichen Freundschaften mit den Studenten bilden dafür den Rahmen. Harrison war zunächst vier Jahre als Missionar an der Passauer Universität tätig. 2022 wurde er Regionalleiter aller europäischen FOCUS-Niederlassung. Die 1998 vom Amerikaner Curtis Martin gegründete Bewegung ist dort derzeit an acht Universitäten vertreten: in den irischen Städten Belfast, Dublin und York, und auf dem deutschsprachigen Gebiet in Düsseldorf, Passau, Krems, St. Pölten und Wien. In den USA wirken die Missionare aktuell an 210 Universitäten. Als Hauptorganisator der in dieser Woche gelaufenen Seek-Konferenz in Köln spricht Harrison im Interview mit der „Tagespost“ über seinen Einsatz für FOCUS. Sein Ziel: den Glauben an Jesus Christus in Europa lebendig machen.
Herr Harrison, wie kam es dazu, dass Sie Missionar bei FOCUS geworden und schließlich in Deutschland gelandet sind?
Vor gut acht Jahren bin ich FOCUS-Missionar geworden. An meiner eigenen Universität gab es FOCUS nicht. Doch als Student habe ich angefangen, immer mehr nach der Wahrheit zu suchen. Ich wollte verstehen, was echt ist, ob Gott echt ist, und wie er in der Welt agiert. Mit diesen Fragen war ich recht allein und habe versucht, sie mit Hilfe von Büchern, Podcasts und Youtube-Videos zu beantworten. So bin ich auf die Internetseite von FOCUS gestoßen und war sofort begeistert von der Idee, junge Erwachsene auszusenden, damit sie Studenten das Evangelium verkünden. Ich malte mir aus, wie anders mein eigenes Uni-Leben mit FOCUS gewesen wäre. Mir war klar: Die Vergangenheit kann ich nicht ändern, aber ich kann etwas für die Zukunft tun. Deswegen habe ich mich bei FOCUS gemeldet. In meinem letzten Studienjahr hatte ich jede Woche ein Online-Treffen mit einem Missionar. Er hat mir beigebracht zu beten, erklärt, was die Sakramente sind, und gezeigt, wie ich mit meinen Freunden über Jesus sprechen kann.
Wenig später leitete ich schon eine eigene Bibelgruppe und nach dem Studium bin ich selber Missionar geworden. Erst zwei Jahre in Kalifornien und seit 2018 in Passau. Eigentlich sollten wir nach Irland geschickt werden. Aber dann hat das Bistum Passau nach Missionaren gefragt. Zwei Monate später waren wir da – und mussten Deutsch lernen.
Wie war das, so spontan nach Deutschland zu kommen und eine amerikanische Missionsorganisation zu etablieren?
Die erste Phase war unglaublich. Sehr aufregend, alles war neu. Danach kamen die ersten Schwierigkeiten: Kulturschocks, die Sprachbarriere. Wir mussten lernen, die Deutschen zu verstehen – nicht nur sprachlich, sondern auch menschlich. Aber Gott bedient sich aller Schwierigkeiten. Wir konnten vertrauen, dass er alles zum Guten führt. Wir sind sehr dankbar: Die Menschen hier sind ein Geschenk, haben uns viel gelehrt. Wir haben erfahren, wie universal die Kirche ist.
Auf welche Hindernisse trifft FOCUS bei deutschen Studenten in der Glaubensverkündigung?
Wir sehen Herausforderungen kultureller und kirchlicher Art. Kulturell existiert ein genereller Skeptizismus vor Autoritäten. Die Deutschen lernen, skeptisch zu sein, auch gegenüber der Kirche. Diese wiederum ist durch ihre Skandale und Fehler aus der Vergangenheit belastet. Unsere Aufgabe besteht also darin, den Menschen zu erklären, dass vielleicht nicht alles stimmt, was sie über die Kirche und Gott gelernt haben.
Zweitens ist das Konzept der Begleitung hier eher unbekannt. Es gibt viele Organisationen in Deutschland, die Menschen lehren, im Glauben zu wachsen und zu beten. Und das ist wichtig und gut. Aber dass ein Christ in das Leben eines anderen eintritt, um ihm zu helfen, im Glauben zu wachsen, sich mit ihm auf diesen Weg der Entdeckung macht – das sieht man in Deutschland noch selten. Zum Beispiel, wenn man einen Gebetsabend anbietet
und es kommen Menschen, die Jesus noch nicht kennen: Dann sollte man mit ihnen den Kontakt halten und eine persönliche Beziehung aufbauen. Wir möchten eine Evangelisation der individuellen Begleitung, der persönlichen Beziehungspflege leben.
In der Regel werden die Missionare zu viert an die Universitäten geschickt, nach Möglichkeit zwei Frauen und zwei Männer. Das scheint nicht viel zu sein. Wie kommt es, dass sie trotzdem häufig eine große Gruppe von Studenten erreichen?
Wegen des Multiplikationseffekts: Studenten kommen in unsere Bibelgruppe, wachsen im Glauben, und starten selbst wieder eine eigene Bibelgruppe. Aus der gehen dann ebenfalls neue Bibelgruppen-Leiter hervor, und so weiter. Wir Missionare möchten nicht die einzigen sein, die den Glauben weitergeben, sondern mit den Studenten ein Team um uns herum aufbauen.
Die „Seek“-Konferenzen sind bei katholischen Studenten in den USA bekannt und beliebt. Viele machen dort intensive Gotteserfahrungen. Wie kam es dazu, nun eine „Seek“-Konferenz in Köln zu organisieren?
Den Wunsch nach einer europäischen Seek-Konferenz gibt es schon lange. Während der Covid-Pandemie fanden sehr kleine, lokale Seeks statt, in Passau, Wien und Irland. Die Erfahrungen waren gut, es sind viele Studenten gekommen. Seitdem probieren wir, eine große europäische Seek- Konferenz auf die Beine zu stellen. Im November 2023 kam die Erlaubnis. Zunächst einmal galt es dann, einen passenden Veranstaltungsort zu finden. So richtig planten wir also seit Januar, mit einem dreiköpfigen Team. Selbstverständlich haben wir eng mit den US-amerikanischen Seek-Organisatoren zusammengearbeitet. Dazu kam große Unterstützung aus der Berufungspastoral des Erzbistums Köln.

Wie haben Sie die Redner für das Event ausgesucht?
Die fünf eingeladenen Redner, besser gesagt „Keynote-Speaker“sind Kathy aus Irland, (Living Word Evangelical Free Church), Katharina Westerhorstmann aus Deutschland, Father Louis Merosne aus Haiti, Father Patrick aus Irland, Father John Riccardo von ActsXXIX. Wir haben nach erfahrenen Rednern gesucht, denen FOCUS ein Begriff ist. Gleichzeitig sollten sie Europa kennen, vor allem die Orte, an denen wir Missionare haben. Also Irland und das deutschsprachige Gebiet. Das waren die Auswahlkriterien.
Wie geht es in Zukunft weiter mit den europäischen Seek-Konferenzen?
In den USA gibt es die Seek seit knapp 25 Jahren – und sie wächst stetig. Diese Woche musste sie daher erstmalig an zwei Orten stattfinden: Salt Lake City und Washington D.C. Ich wünsche mir eine ähnlich gute Entwicklung für Europa. Und diese Seek in Köln ist der Ausgangspunkt. Wir feiern den Glauben und tanken auf – damit das Evangelium in den Menschen lebendig wird und sie spüren, wie sehr Gott sie liebt. Sie sollen dieses Feuer empfangen und mit nach Hause nehmen. Auf den Punkt gebracht dient die Seek der Begegnung mit Gott sowie dem Ansporn zur Mission. Für nächstes Jahr ist in Europa keine Seek angesetzt, da fliegen wir mit den Studenten in die USA. Aber für in zwei Jahren ist eine geplant. Die Vorbereitungen beginnen schon bald.
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